Berlin – Der Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz und der Kölner Polizeieinsatz gegen Nordafrikaner in der Neujahrsnacht haben die Debatte über mehr Sicherheit in Deutschland neu entfacht. Neben den eigentlichen Sicherheitsgesetzen spielt für viele dabei auch die Flüchtlingspolitik eine Rolle.

Am Dienstag haben sich die Bundesminister für Inneres und Justiz, Thomas de Maiziere (CDU), und Heiko Maas (SPD) auf ein Maßnahmenpaket verständigt.

  • Abschiebungen: Die Einigung von de Maiziere und Maas sieht vor, aus dem Aufenthaltsrecht eine Hürde zu entfernen, die Abschiebehaft bisher häufig verhindert. Denn nur wenn ein Ausländer innerhalb von drei Monaten abgeschoben werden kann, darf er in Abschiebehaft genommen werden. Doch oft verweigert das Heimatland die Aufnahme – und dann gibt es auch keine Haft. Zudem soll bei der Abschiebehaft der Haftgrund "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" eingeführt werden. Das plant de Maiziere bereits seit Sommer vergangenen Jahres.
  • Elektronische Fußfessel für Gefährder: De Maiziere und Maas hatten sich schon im vergangenen Jahr darauf geeinigt, die Fußfessel nach der Haft bei solchen extremistischen Straftätern zuzulassen, die wegen schwerer Vergehen wie der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Terrorismusfinanzierung oder der Unterstützung terroristischer Vereinigungen verurteilt worden sind. Jetzt vereinbarten beide, diese Form der Überwachung auch bei jenen zu ermöglichen, die von den Behörden als Gefährder identifiziert wurden. Nach dem Willen de Maizieres sollen auch die Länder entsprechende Gesetze beschließen, da sie für die meisten Gefährder zuständig sind. Eine Fußfessel soll es auch bei Ausreisepflichtigen geben, von denen einen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgeht.
  • Rücknahmeabkommen: Weil mit einer Reihe von Ländern Abkommen zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht bestehen oder nicht ausreichend umgesetzt werden, soll der Druck auf diese Länder erhöht werden. Dabei soll die Entwicklungshilfe ebenso einbezogen werden wie die Wirtschaftsförderung und die Visa-Erteilung.
  • Sichere Herkunftsstaaten: Von der Einstufung der nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien erhofft sich insbesondere die Union, dass Asylbewerber leichter abgelehnt und schneller abgeschoben werden können. Inzwischen spricht sich auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann abweichend von der Parteilinie seiner Grünen dafür aus, das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz unter Dach und Fach zu bringen. In der Union gibt es Überlegungen, das Gesetz im Bundesrat zur Abstimmung zu stellen. Erste Gelegenheit dazu wäre am 10. Februar, dem Termin der nächsten Bundesratssitzung.
  • Verfassungsschutz: De Maiziere hat vorgeschlagen, die Landesämter für Verfassungsschutz aufzulösen und den gesamten Inlandsgeheimdienst in die Zuständigkeit des Bundes zu geben. Da beißt der Innenminister aber auch bei vielen Parteifreunden auf Granit: Denn seine Amtskollegen in den Ländern wollen ihre Zuständigkeit im Bereich der Sicherheitspolitik nicht preisgeben. Auch die Pragmatiker aus den Sicherheitsbehörden setzen nicht unbedingt auf einen Umbau der föderalen Struktur – wohl wissend, dass sich diese nicht so schnell bewerkstelligen lassen wird.
  • Videoüberwachung: Das Bundeskabinett verabschiedete Ende vergangenen Jahres einen Gesetzentwurf de Maizieres, der die Überwachung an allgemein zugänglichen Orten wie Einkaufszentren voranbringen soll. Damit sollen es Datenschützer künftig schwerer haben, ihr Veto gegen eine Überwachungsmaßnahme einzulegen. Der rot-rot-grüne Senat in Berlin verständigte sich auf eine anlassbezogene Überwachung – etwa von Großveranstaltungen wie dem Kirchentag oder dem Turnfest.
  • Wohnsitzauflage: Eine verschärfte Wohnsitzauflage soll es nach Angaben von de Maiziere und Maas für Flüchtlinge geben, die ihre Identität verschleiern. (APA, 10.1.2017)