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Finanzminister Andrej Babiš sieht sich als Opfer einer politischen Intrige.

Foto: Reuters / David W Cerny

Prag/Wien – Wenn es um das neue Gesetz zur Verhinderung von Interessenkonflikten geht, gibt es in Tschechien keine Koalitionsraison: Sozialdemokraten und Christdemokraten haben sich seit Monaten bemüht, die Novelle mithilfe der Opposition durchs Parlament zu bringen. Auf der Gegenseite stand – nahezu allein auf weiter Flur – der Dritte im Regierungsbunde: Finanzminister Andrej Babiš mit seiner liberalpopulistischen Partei Ano.

Am Mittwoch überstimmten die Abgeordneten schließlich mit breiter Mehrheit ein Veto von Präsident Miloš Zeman und bestätigten damit endgültig das Gesetz, das längst "Lex Babiš" genannt wird. In Prag nämlich gilt es als offenes Geheimnis, dass es sich vor allem gegen den Milliardär auf der Ministerbank richtet, den zweitreichsten Mann des Landes. Es sieht unter anderem vor, dass ein Unternehmen, in dem ein Regierungsmitglied einen Anteil von mehr als 25 Prozent besitzt, sich nicht um staatliche Aufträge bewerben darf. Für den Babiš-Konzern Agrofert mit seinen etwa 250 Einzelfirmen ein herber Schlag.

Entflechtung von Politik und Medien

Obendrein dürfte Babiš auch keine Medien mehr besitzen, sollte er auch in der nächsten Regierung wieder vertreten sein. Derzeit gehört ihm – ebenfalls über die Agrofert – der Verlag Mafra, der unter anderem zwei Tageszeitungen herausgibt sowie einen Fernseh- und einen Radiosender betreibt.

Die Abgeordneten hatten bereits zweimal für die Vorlage gestimmt. Zunächst wurde sie vom Senat zurückgewiesen, im Dezember legte dann Präsident Zeman sein Veto ein. Das Gesetz würde "den freien Wettbewerb der politischen Parteien beeinflussen", so das Staatsoberhaupt, dem gute Beziehungen zu Babiš nachgesagt werden. Der sozialdemokratische Premier Bohuslav Sobotka hingegen bezeichnete die Novelle als "wichtigen Schritt gegen die Oligarchisierung des Landes". Exfinanzminister Miroslav Kalousek von der liberal-konservativen Oppositionspartei Top 09 sagte, Babiš müsse sich entscheiden, ob er die Steuerzahler vertreten wolle oder die Firma Agrofert.

"Farce" der politischen Gegner

Für Babiš jedoch ist das Gesetz lediglich eine "Farce", ein billiger Trick seiner Gegner, die ihn aus der Politik drängen wollten. "Diesen Gefallen werde ich ihnen aber nicht tun", erklärte er am Mittwoch nach der Abstimmung. Seine Partei Ano nämlich hat gute Chancen, bei den Wahlen im Herbst stärkste Kraft im Land zu werden. Es seien die "traditionellen, korrupten Parteien", die ihn daran hindern wollten, "dem Land zu helfen, damit es besser funktioniert", so Babiš.

Es ist jedoch nicht nur diese Oppositionsrhetorik, mit der Babiš als Finanzminister bei vielen Wählern punkten kann. Tschechien hat derzeit die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU, gleichzeitig erzielte das Land 2016 einen Budgetüberschuss von mehr als zwei Milliarden Euro – Erfolge, die viele gerade Babiš und seinen Erfahrungen als Großunternehmer zuschreiben.

Spekulationen um Treuhandfonds

Babiš könnte nun den Weg zum Verfassungsgericht einschlagen, um das Gesetz doch noch zu verhindern. Auch Präsident Zeman hat diesen Schritt in Erwägung gezogen. Tschechische Medien weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neuen Bestimmungen teilweise auch für andere hohe Staatsbeamte gelten, darunter auch solche aus dem Team des Staatsoberhaupts.

Eigentlich könnte das Gesetz Babiš aber auch kalt lassen: Seine Anwälte suchen bereits nach Wegen, den Firmenbesitz des Ministers irgendwo zwischenzuparken. Als wahrscheinlichster Parkplatz gilt derzeit ein Treuhandfonds. Babiš wäre dann nicht mehr direkter Eigentümer der Agrofert, würde seinen Einfluss auf den Konzern aber behalten. (Gerald Schubert, 11.1.2017)