Wien – Was er nicht kann: Rekordzeiten auf der Nürburgring-Nordschleife einfahren. Sparsamkeitsrekorde liefern. Elektrisch fahren. Dach öffnen und sonniges Cabrioflair verbreiten. Sich in Luft auflösen, wenn wieder einmal alle Parklücken zu klein sind. Was er kann: sonst fast alles.

Das S in GLS soll signalisieren, dass wir hier sozusagen die S-Klasse unter den SUVs vor uns haben. Mehr SUV geht bei der Marke mit dem Stern nicht – und auch generell kaum.
Foto: Andreas Stockinger

Zum Beispiel glänzen durch exquisiten Komfort auf der Langstrecke. Erstaunliches leisten im Gelände. Zuladung. Anhängelast. Luxus. Und punkten durch klassische Motorenhochkultur. Zwar hängen die Ingenieure dem GLS, zu dem der GL nach der Modellpflege geworden ist, im 500 4matic dem Aggregat eine Biturbo-Beatmung an, aber, Herrschaften: V8-Zylinder! 4,66 Liter Hubraum! Eine sterbende Gattung angesichts dieses unseligen Downsizings; schad ist's drum, und fein, wenn man so was noch mal in die Hände kriegt. Die Rede ist von 455 PS und 700 Nm Drehmoment (womit die exzellente 9-Gang-Wandlerautomatik zurechtkommen muss), das Ergebnis sind Saft und Kraft und Hörgenuss fast ohne Ende. Die Maschine schupft das Dickschiff mit souveräner Leichtigkeit herum, als wäre das ein Kleinwagen. Verbrauch? Darüber redet man in dieser Liga nicht.

Groß und Schwer

Von den Dimensionen her zählt der GLS mit zum Größten, was an SUVs weltweit zu finden ist. Kritiker mögen behaupten: So verhält sich eine Branche, die im Laufe ihrer Erfolge schwindelfrei geworden ist. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Autohersteller nix auf den Markt bringen, was nicht Absatz fände. So funktioniert Marktwirtschaft eben.

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Der GLS ist mit seinen 5,13 Meter Länge ein wahrer Molosser von einem Auto, meint auch Polyhistor Hermann B.; so betrachtet wäre er ein standesgemäßes Vehikel für Molosser-Prinzessin Olympias von Epirus, die Frau Mama von Alexander dem Großen, und er hat hinten mehr als ausreichend Platz für ein Riesenhundsviech von der Gattung der Molosser. Schwergewicht für Schwergewicht, und apropos: 2,44 Tonnen wiegt das Mercedes-SUV-Flaggschiff. Laster des Reichtums, hat Rudolf Skarics einmal formuliert.

Einsame Spitze

In der getesteten Version wird es ziemlich einsam. Der Audi Q7 (5,05 m lang) spielt grundsätzlich ebenfalls in dieser Liga, hat aber dieser Motorisierung nichts entgegenzusetzen. Mit dabei wäre der Range Rover (5,0 m; Langversion 5,20 m) in der Version 5,0 V8 Supercharged (510 PS), der Bentayga (5,14 m) mit W12-Motor und gar 608 PS, und dann ist auch schon Schluss. Von BMW ist allerdings bald einmal ein weiterer Konkurrent zu erwarten, der X7, der wie alles BMW-SUVs (außer dem X1) in Spartanburg gebaut wird.

Das Cockpit wurde neu gestaltet, das Bedienkonzept dem aktuellsten Mercedes-Standard angepasst. Der Rest ist einfach nur Wohlfühloase.
Foto: Andreas Stockinger

In Nordamerika läuft auch der GLS vom Band, im US-Werk Tuscaloosa, womit gleich der Hauptmarkt genannt ist. Nach Österreich verirren sich nur wenige Exemplare, der Finanzminister freut sich über jede einzelne Zulassung (verleiht aber unseres Wissens noch keine Verdienstmedaillen).

Vorbildhaft

Zur Differenzierung vom bisherigen GL trägt der GLS im Grill zwei markante Querrippen. Prägnanter sind die Unterschiede drinnen, wo vor allem das neu gestaltete Cockpit auffällt. Bedienkomfort und -logik waren bisher schon vorbildhaft, sind es jetzt noch mehr. Und wie das schmeichelt, wie das duftet. Holz, Leder, Metall, Klavierlack, Ambiente-Lichtspiele. Mit einem Wort: ein rollender Wellnesstempel. (Andreas Stockinger, 30.1.2017)

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Nachlese:

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Bentley Bentayga: Voll auf die Zwölf