Die Chemotherapie hat zwar nicht ausgedient, in der Behandlung von Krebs setzen Mediziner aber zunehmend auf multimodale Therapien.

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Wien – Jeder vierte Todesfall in der EU steht im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung. Die Onkologie will bis zum Jahr 2035 den Anteil der Patienten, die eine Krebserkrankung zehn Jahre überleben, auf 70 Prozent steigern. Voraussetzung dafür sei die Umsetzung der "Charta der Rechte der Krebspatienten", die nun von der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) vorgelegt wurde.

Vor wenigen Tagen ist diese "European Cancer Patient's Bill of Rights" im Online-Journal der Organisation (ESMO Open) in einer teilweisen Neufassung erschienen. Als Herausgeber von ESMO Open fungiert der Koordinator des Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien am AKH, Christoph Zielinski. Er hat auch an der Patientenrechte-Charta mitgearbeitet. Im Mittelpunkt stehen drei Prinzipien: Das Recht jedes Bürgers in Europa auf optimale Information über die Behandlung, das Recht auf optimalen und schnellen Zugang zu Diagnose und durch Spezialisten gewährleistete Therapie sowie das Recht auf bestmögliche Prävention, früheste Diagnose, verbesserte Heilungschancen, Rehabilitation und optimale Lebensqualität. Das alles muss auch finanziell für jeden einzelnen Patienten erreichbar sein.

An der Kostenschraube drehen

"Ein zeitlich schneller Zugang zu einer multimodalen Therapie kann bei den meisten Patienten zu einem Langzeitüberleben von mehr als zehn Jahren oder auch zur Heilung führen. In jenen Staaten, wo die besten Diagnoseverfahren und Therapien erhältlich sind sowie eine exzellente Organisation der Betreuung von Krebspatienten existiert, beträgt der Anteil der Langzeit-Überlebenden 60 Prozent. (...) Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2035 eine Zehn-Jahres-Überlebensrate von 70 Prozent zu erreichen", heißt es in dem neuen ESMO-Dokument.

In den vergangenen Jahren haben vor allem Biotech-Medikamente die onkologische Therapie auch bei Kranken mit fortgeschrittenem Krebsleiden verändert. In vielen Fällen sind das monoklonale Antikörper. Allerdings sind die Kosten für Biotech-Arzneimittel vergleichsweise hoch. Deshalb sind sie längst nicht allen europäischen Staaten für alle dafür infrage kommenden Patienten erhältlich. Hier könnte es aber in Zukunft zu einer Verbreiterung der Anwendung durch den Einsatz von Nachahmepräparaten – sogenannten Biosimilars – kommen. "In Europa können mit Biosimilars Preisreduktionen um 20 bis 40 Prozent erwartet werden. Es wurden bereits Einsparungen von 50 bis hundert Milliarden Euro bis 2020 vorhergesagt", heißt es in einem ebenfalls in ESMO Open publizierten Grundsatzpapier.

1,3 Millionen Todesfälle in der EU

ESMO-Präsident Fortunato Ciardiello stellte dazu fest, Biosimilars seien unabdingbar, wenn es um das Sicherstellen der Finanzierbarkeit modernster Krebstherapien gehe. Sie müssten allerdings auch nach den strengsten Kriterien zugelassen und dann schnell in die tägliche Praxis eingeführt werden. Dies würde die Behandlungsergebnisse bei immer mehr Patienten verbessern.

Nach Eurostat-Daten zählten Krebserkrankungen mit 26 Prozent im Jahr 2013 zu den häufigsten Todesursachen in der EU. Österreich lag genau im Mittel. In absoluten Zahlen starben im Jahr 2013 in der EU 1,3 Millionen Menschen an Krebs. Nach Krebsarten ist Lungenkrebs die häufigste Ursache für Todesfälle. In der EU beträgt dieser Anteil 21 Prozent, wobei der Anteil der Männer mit 26 Prozent deutlich über dem der Frauen (15 Prozent) rangiert. In Österreich sind 18 Prozent der Krebs-Todesfälle auf Lungenkarzinomerkrankungen zurückzuführen (22 Prozent bei den Männern und 14 Prozent bei den Frauen). (APA, 19.1.2017)