Präsident Klaus Iohannis mischte sich unter die Demonstranten.

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Bukarest – In Rumänien sind am Sonntagabend zehntausende Menschen, unter ihnen der bürgerliche Staatspräsident Klaus Iohannis, friedlich auf die Straße gegangen, um gegen die von der sozialliberalen Regierung geplante Lockerung von Antikorruptionsgesetzen zu protestieren. Der Vorsitzende der mitregierenden Sozialdemokraten (PSD), Liviu Dragnea, warf Iohannis vor, einen "Staatsstreich" zu planen.

Iohannis habe an einer "nicht genehmigten" Demonstration teilgenommen, kritisierte Dragnea. "Ich bin hier, um meine Empörung auszudrücken. Eine Clique von Politikern mit strafrechtlichen Problemen will Gesetze ändern, will den Rechtsstaat schwächen", sagte Iohannis am Bukarester Universitätsplatz vor laufenden Fernsehkameras inmitten tausender Demonstranten.

"Unzulässig"

"Es ist unzulässig, die Gesetze zu ändern, damit die Akten von dutzenden, wenn nicht hunderten Politikern bereinigt werden", fügte Iohannis bei der Kundgebung hinzu. Die Demonstranten marschierten vom Universitätsplatz bis zum Regierungssitz und riefen "Rücktritt" und "Demokratie, nicht Amnestie." Iohannis steht der bürgerlichen Oppositionspartei PNL nahe.

"Es ist der Beginn eines Staatsstreichs", schrieb Dragnea bei Facebook. "Eigentlich will Präsident Iohannis (...) der durch ein demokratisches Votum legitimierten Regierung Handschellen anlegen." Iohannis wolle Rumänien "mit Terror" regieren. "Ich versichere den Rumänen, dass ich Präsident Iohannis nicht erlauben werde, die verfassungsmäßige Ordnung umzustürzen", schrieb der PSD-Chef weiter. Rumäniens regierungskritische Medien gehen davon aus, dass Dragnea ein Amtsenthebungsverfahren gegen Iohannis plane.

Straflosigkeit

Die erst seit drei Wochen amtierende neue Regierung von Ministerpräsident Sorin Grindeanu (PSD) will durchsetzen, dass Amtsmissbrauch straflos bleibt, wenn der Schaden unter 200.000 Lei (50.000 Euro) liegt. Damit soll nach Meinung von Kritikern der Vorsitzende der mitregierenden Sozialisten (PSD), Liviu Dragnea, geschützt werden, der wegen mutmaßlichen Amtsmissbrauchs mit einem Schaden von 100.000 Lei vor Gericht steht.

Ferner sollen etwa 2.500 Kriminelle begnadigt werden. Demnach sollen Strafgefangene, die zu weniger als fünf Jahren Haft verurteilt wurden, aus dem Gefängnis entlassen werden. Sollten die Dekrete verabschiedet werden, würden auch Politiker profitieren, die wegen Korruption in Haft sitzen.

Die Regierung will all dies per Verordnung (Dekret) in die Wege leiten – unter Umgehung langer Parlamentsverfahren. Verordnungen treten sofort in Kraft und haben unumkehrbare Folgen, selbst wenn sie später vom Parlament außer Kraft gesetzt werden.

Auch in elf weiteren Städten gab es Protestkundgebungen. Die größte Demonstration war in Bukarest mit geschätzten 10.000 bis 30.000 Teilnehmern. Zeitweise füllten die Demonstranten einen gut einen Kilometer langen Boulevard in der Hauptstadt.

Der 2014 zum Präsidenten gewählte Iohannis war mit dem Versprechen angetreten, das ärmste EU-Land während seiner fünfjährigen Amtszeit von Korruption zu befreien. Der Mitte-rechts-Politiker hatte am Mittwoch an einer Kabinettssitzung teilgenommen, um die Verabschiedung der Dekrete zu verhindern. Justizminister Florin Iordache sagte, durch die geplante Regelung würden die überbelegten Gefängnisse entlastet. (APA, 22.1.2017)