Belgrad/Den Haag/Prishtina – Das Kosovo-Sondergericht, das demnächst seine Arbeit in Den Haag aufnehmen soll, hat keinen Haftbefehl für den in Frankreich festgenommenen ehemaligen Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj ausgestellt und auch nicht seine Überstellung an das Gericht beantragt. Dies berichtete die Tageszeitung "Vecernje novosti" unter Berufung auf den Chefankläger, den US-Juristen David Schwendiman.

Haradinaj wurde am 4. Jänner in Frankreich auf Basis eines serbischen Haftbefehls festgenommen. Belgrad wirft ihm Kriegsverbrechen im Juni 1999 vor. Derzeit ist ein Auslieferungsverfahren im Gange. Der kosovarische Politiker wurde unterdessen auf freien Fuß gesetzt, muss allerdings bis zu Verfahrensabschluss in Frankreich bleiben.

Die serbischen Behörden gaben am Montag zu verstehen, dass sie keine Einwände erheben würden, sollte Haradinaj nicht an Belgrad, sondern an das Kosovo-Kriegsverbrechergericht in Den Haag überstellt werden.

Der kosovarische Politiker war vor Jahren vor dem Uno-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien zweimal von den Vorwürfen freigesprochen worden. Diese sollten sich allerdings auf das Jahr 1998 bezogen haben, heißt es in Belgrad.

Laut früheren Medienberichten würden die serbischen Behörden derzeit durch internationale Haftbefehle nach 22 ehemaligen Angehörigen der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) fahnden. Schwendiman wollte gegenüber der Belgrader Tageszeitung die von ihm eingeleiteten Ermittlungen nicht kommentieren. (APA, 25.1.2017)