Polizeichef Ronald dela Rosa (re.) würde korrupte Polizisten gerne töten. Präsident Duterte (li.) hat die Polizei stattdessen entmachtet.

Foto: AFP/Celis

Manila/Wien – Präsident Rodrigo Duterte habe natürlich gewusst, dass die Polizeibehörden korrupt seien, sagt sein Sprecher Ernesto Abella. Für den Drogenkrieg, der binnen eines halben Jahres mehr als 7500 Menschen das Leben gekostet hat, habe sich der Staatschef dennoch auf die Polizei verlassen. "Das Problem war einfach zu groß, er hatte keine andere Wahl" , schiebt Abella hinterher.

Nun hat sich der Präsident doch von der Polizei abgewandt. Grund dafür ist ein spektakulärer Fall: Jee Ick-joo, ein südkoreanischer Geschäftsmann, war im Dezember von der Polizei unter dem Vorwand einer Drogenrazzia verhaftet, entführt und in Haft erwürgt worden. Seine Familie ließen die Polizisten aber im Glauben, Jee sei noch am Leben – um so ein Lösegeld in Höhe von umgerechnet 100.000 US-Dollar zu erpressen.

Der Fall brachte den Präsidenten zum Handeln. Die Polizei darf nicht mehr am Drogenkrieg teilnehmen, ihre Rolle soll nach dem Willen Dutertes das Militär übernehmen. Den Beamten droht nun selbst Ungemach. Polizeichef Ronald dela Rosa gab in einem Statement den rauen Ton vor: "Ich würde diese Mitarbeiter am liebsten töten. Aber ich darf nicht, das ist illegal." Jedenfalls bisher. Rufe aus der Politik, das Militär möge nun gegen die Polizei "die eiserne Faust auspacken", gibt es bereits.

Vorerst hat das Ende des Polizeieinsatzes für die ersten unblutigen Nächte seit dem vergangenen Sommer gesorgt: Anfang der Woche gab es nur vereinzelte Meldungen über Tote, die mit Schildern wie "Ich bin ein Drogendealer" auf den Straßen der philippinischen Elendsviertel gefunden wurden. Zum Stillstand gekommen ist die international verurteilte Kampagne aber nicht: Immerhin gingen schon bisher nur rund 2500 der Getöteten auf das Konto der Polizei. Rund 5000 töteten Mitglieder paramilitärischer Einheiten, deren Taten von der Polizei nicht verfolgt werden.

Opfer der Todesquoten

An den Motiven Dutertes gibt es freilich Zweifel. Dass er sich vom Ausmaß der Korruption nun überrascht und plötzlich zum Handeln gedrängt fühlt, scheint nicht völlig plausibel: Seit Monaten häufen sich Berichte über Schutzgelderpressungen. Immer wieder sollen Polizeibeamte Bürgern drohen, sie auf "die Liste" der Drogenabhängigen zu setzen, sollten sie nicht zahlen. Jeder Bezirk muss eine solche Liste mit dem Namen Süchtiger vorlegen. Ihre Zahl ist durch eine Quote von der Regierung festgelegt. Dass darauf vor allem jene landen, die zu wenig Bestechungsgeld zahlen, gilt als offenes Geheimnis.

Möglich scheint daher auch eine andere Interpretation der Machtverschiebung zwischen Polizei und Militär: Duterte, so seine Gegner, wolle für jenen Zeitpunkt vorsorgen, an dem er nicht mehr von Zustimmungsraten jenseits der 80 Prozent profitieren kann. Immerhin hatte er schon als Kandidat mit der Ausrufung des Kriegsrechtes und dem Ende der Demokratie gedroht – für den Fall, dass Parlament und Behörden seinen Anweisungen nicht schnell genug Folge leisten. Dies droht im Drogenkrieg bisher nicht. Seine außenpolitischen Avancen gegenüber Russland und China gelten hingegen auch in der Führungsriege in Manila als umstritten. (Manuel Escher, 1.2.2017)