Trotz Neuschnees und Minusgraden stehen die Baumaschinen nicht überall still. Wenn doch, gehen viele Bauarbeiter vorübergehend stempeln.

Foto: Heribert Corn

Wien – In Österreich sind derzeit fast eine halbe Million Menschen auf Jobsuche. Exakt 493.852 Personen waren im Jänner arbeitslos gemeldet oder in einer Schulung des Arbeitsmarktservice (AMS). Wegen der Witterungsverhältnisse ist der erste Monat im Jahr traditionell jener mit der höchsten Arbeitslosenzahl. Besonders wetterabhängig ist beispielsweise die Bauwirtschaft. Insgesamt waren im vergangenen Sommer rund 100.000 Menschen weniger ohne Job als im heuer überdurchschnittlich kalten Winter.

Zwei, drei Monate stempeln

Rund die Hälfte dieser saisonalen Schwankungen entfällt auf vorübergehende Kündigungen mit Wiedereinstellungszusage: Arbeitnehmer gehen für zwei, drei Monate im Jahr stempeln und werden dann vom selben Arbeitgeber wieder angestellt. Auch davon ist besonders der Bau betroffen. Mit Respektabstand auf Platz zwei folgt der Tourismus. So ist es bei Skischulen durchaus üblich, dass Skilehrer zwischen Weihnachts- und Semesterferien drei Wochen arbeitslos gemeldet werden, weil in dieser Zeit wenig los ist.

Eine Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) hat ergeben, dass Unternehmen auch in vielen anderen Branchen bei schwacher Auslastung vermehrt auf kurzfristige Kündigungen setzen. Während im Jahr 1990 noch rund 5,1 Prozent des durchschnittlichen Bestandes an Beschäftigungsverhältnissen auf Wiedereinstellungen temporär Arbeitsloser bei demselben Arbeitgeber entfielen, waren es 2013 bereits 6,5 Prozent. Die Bedeutung nimmt also langsam, aber konstant zu. Besonders spürbar war der Anstieg nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Betriebe setzten vorübergehende Kündigungen ein, um saison- oder konjunkturbedingte Schwankungen des Arbeitskräftebedarfs kostenschonend auszugleichen, heißt es in der Studie. Das bedeute eine Verlagerung von Auslastungsrisiken auf die betroffenen Arbeitskräfte und von Teilen der Personalkosten auf die öffentliche Hand. Die Folge seien unterbrochene Erwerbsverläufe und zusätzliche Ausgaben des sozialen Sicherungssystems.

Einschränkungen gefordert

Laut Wifo-Ökonom Rainer Eppel bleiben Gekündigte mit Wiedereinstellungszusage im Schnitt zwei Monate arbeitslos. Weniger als zehn Prozent der Betroffenen suchen sich während dieser Zeit einen anderen Job.

AMS-Chef Johannes Kopf sagte dem STANDARD, dass vorübergehende Kündigungen auch in Branchen zunehmen würden, die nicht wetter- oder saisonabhängig sind. Betriebe würden dadurch bei geringerer Auslastung Lohnkosten quasi an den Staat auslagern. "Es ist wert, darüber nachzudenken, wie man die Praxis der kurzfristigen Aussetzungen einschränken kann", so Kopf. Wie das gehen soll? Es gibt dafür mehrere Möglichkeiten, nicht alle sind tauglich.

Experience-Rating: Beispielsweise könnten Unternehmen mit besonders vielen vorübergehenden Kündigungen zu höheren Sozialbeiträgen verdonnert werden. Mittels dieses sogenannten Experience-Ratings würden Arbeitgeber bestraft, die größere Lasten für die Allgemeinheit verursachen. Kopf gibt jedoch zu bedenken, dass die Kontrolle mehr koste, als sie einbringe.

Ein ähnlicher Versuch war die 2013 eingeführte Auflösungsabgabe. Arbeitgeber müssen für jede Auflösung eines Dienstverhältnisses 124 Euro an den Staat zahlen. Die Krux: Ausgerechnet für Saisonarbeiter entfällt die Abgabe.

Branchenstrafen: Noch rigoroser wäre es, ganze Branchen pauschal mittels höherer Sozialausgaben zu bestrafen. Das sei aber ungerechtfertigt, sagt Kopf. Es gebe schließlich mitunter auch gute Gründe für saisonale Kündigungen. So gilt etwa in manchen Tiroler Tourismusorten während der Hochsaison von Dezember bis April ein lärmbedingtes Bauverbot. Bauunternehmen müssen in dieser Zeit also Kapazitäten abbauen.

Anreizmodelle: Besser als Strafen würden für Kopf Anreize funktionieren. Hier sollten sich seiner Ansicht nach die Sozialpartner kreative Lösungen überlegen, etwa beim Urlaubsrecht.

Selbstverpflichtung: Unternehmen in bestimmten Branchen könnten sich auch freiwillig dazu verpflichten, Maßnahmen zur Saisonverlängerung zu setzen. Gerade im Tourismus brächte das laut dem AMS-Chef auch den Unternehmen etwas: Ganzjahresbetriebe fänden schließlich leichter Mitarbeiter als Saisonbetriebe. Gebietskörperschaften legt Kopf nahe, die Auftragsvergabe möglichst saisonal zu entzerren. (Simon Moser, 1.2.2017)