Kisenosato, mittig.

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Hamburg/Tokio – Kisenosato schaute angespannt, natürlich war er nervös. 18.000 Japaner waren zum Meiji-Schrein gepilgert, um ihn zu sehen, ihren neuen Yokozuna, ihren neuen Helden. Fast 20 Jahre hatten sie auf diesen Moment gewartet – und Kisenosato enttäuschte sie nicht. Bei der traditionellen Zeremonie zur Einführung in den höchsten aller Sumo-Ränge reichte ihm schon eine kleine Bewegung, der berühmte Shiko, um die Menge zu begeistern. Sie klatschten vor Freude, machten ihre Fotos und nickten anerkennend.

"Ich bin erleichtert, dass alles ohne Probleme ablief", sagte Kisenosato, nachdem er auch den speziell geflochtenen Gürtel mit weißen Blitzen eines Yokozuna in Empfang genommen hatte und endgültig zum Großmeister seines Sports aufgestiegen war. Der Ältestenrat des Sumoverbandes in Tokio hatte vergangene Woche entschieden, dass der 30-Jährige dieses Status' würdig ist. Es war eine Sensation.

Für Japan geht damit eine lange Leidenszeit zu Ende. Der 1,87 m große und 178 Kilo schwere Athlet ist der erste in Japan geborene Yokozuna seit 1998. Seine Ernennung löste Begeisterung aus und wurde auch in der Politik erleichtert aufgenommen. "Viele Bürger haben sehnsüchtig auf einen in Japan geborenen Großmeister gewartet", sagte der stellvertretende Kabinettssekretär Koichi Haguida, er werde "aus tiefstem Herzen feiern".

Yokozuna sind Heiligtümer

Sumo ist in Japan nicht nur Sport, sondern eine Einstellung, eine Art Religion. Und die Yokozuna sind Heiligtümer. "Der Rang des Yokozuna bringt eine große Verantwortung mit sich, der echte Kampf beginnt jetzt", sagte Kisenosato, der mit bürgerlichem Namen Yutaka Hagiwara heißt. Er ist erst der 72. Yokozuna in der knapp 400 Jahre alten Geschichte des Sumo.

Kisenosatos Berufung ist auch deshalb etwas Besonderes, weil zuletzt Kämpfer aus der Mongolei, von Samoa und Hawaii das Sumo dominiert hatten. Mit dem neuen Star will es der Traditions-Sport aus der Krise schaffen. Zahlreiche Skandale um Gewaltexzesse in den strengen Regimen der Ställe, Korruption und abgesprochene Kämpfe hatten für sinkendes Interesse und schwächelnde Einschaltquoten gesorgt. Kisenosato soll das ändern, sein erstes Turnier als Yokozuna ab dem 12. März in Osaka wird mit Spannung erwartet.

Sein halbes Leben arbeitete Kisenosato an dem Ziel, der Beste seines Fachs zu werden. Mit 15 verließ er sein Elternhaus, um in den Stall Naruto-beya zu ziehen und Profi zu werden. Der Alltag eines Sumo-Ringers ist hart und entbehrungsreich, die Welt ist streng hierarchisch aufgebaut, die Jungen müssen kochen und den Stars den Körper waschen.

Kisenosato ist nun an der Spitze angekommen. "Ein Yokozuna gilt als der stärkste Mann, ich werde sicher im Rampenlicht stehen", sagte Japans neuer Held: "Ich werde versuchen, den Titel mit Würde zu tragen." (sid, 2.2.2017)