Brüssel – Kurz vor einem Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Warschau hat die EU-Kommission die polnische Regierung aufgefordert, die Grundrechte einzuhalten. "Wir können hier keine Kompromisse machen", sagte Vizepräsident Jyrki Katainen am Montag der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin. "Entweder man beachtet den Rechtsstaat oder nicht. Und wenn nicht, kann Europa nicht schweigen."

Er hoffe, Merkel werde die polnische Regierung von dieser Haltung überzeugen können, sagte Katainen. Sie trifft am Dienstag in Warschau ihre Kollegin Beata Szydlo. Geplant ist auch ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski.

Kritiker werfen der Regierung vor, mit einer umstrittenen Reform die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts eingeschränkt zu haben. Auf den Vorwurf, auch die Pressefreiheit zu beschneiden, hat die Regierung mittlerweile reagiert und eine Regelung zurückgenommen, nach der der Zugang von Journalisten zum Parlament eingeschränkt werden sollte.

Die EU-Kommission eröffnete bereits vor über einem Jahr ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen. Die Regierung in Warschau hat in dem Streit nicht eingelenkt. "Die polnische Regierung hat unglücklicherweise die Grenzen getestet", sagte Katainen nun. "Nach den Verträgen ist es möglich, die Abstimmungsrechte einzufrieren, aber wir hoffen, dass wir so weit nicht gehen müssen." Für einen solchen Schritt braucht die Kommission allerdings die Zustimmung aller anderen EU-Staaten. Ungarn hat bereits angekündigt, sich auf die Seite Polens zu stellen. (APA/Reuters, 6.2.2017)