Hans Rosling im Jahr 2012, als er vom Magazin "Time" unter die 100 einflussreichsten Personen der Welt gewählt wurde.

David Shankbone

Stockholm/Wien – Er war bis zuletzt der wahrscheinlich bekannteste Wissenschafter Schwedens, obwohl er längst nicht mehr in der Forschung oder in der konventionellen Lehre tätig war. Offiziell unterrichtete Hans Rosling zuletzt als Professor für Weltgesundheit am renommierten Karolinska-Institut in Stockholm. Doch in den letzten Jahren hatte er den Hörsaal längst mit ganz anderen Podien getauscht.

Der Mediziner trat unter anderem auf TED-Konferenzen auf, die Videos seiner mitreißenden Auftritte sind millionenfach angeklickt worden, obwohl es darin meist um nichts anderes als Statistiken zur Lage der Menschheit geht: über die Entwicklung der globalen Geburtenraten, der Einkommensverteilung oder der Lebenserwartung.

Anleitungen zur Weltverbesserung

Im Dezember erst war ein ausführliches Porträt des 68-Jährigen im Wissenschaftsmagazin "Nature" erschienen. Es trug den Titel: "Three minutes with Hans Rosling will change your mind about the world". Und diese Überschrift versprach nicht zu viel: Rosling verstand es, mit der Verve eines leidenschaftlichen Sportreporters komplexe statistische Sachverhalte darzustellen und zugleich Anleitungen zu geben, wie sich Not in der Welt weiter verringern lässt.

TED

Nicht zuletzt ging es ihm aber auch darum, die Fortschritte zu vermitteln, die wir dabei in den letzten Jahren und Jahrzehnten weltweit gemacht haben. Dazu hat er immer wieder auch das Wissen seiner Zuhörer mit Quizfragen getestet. Einige dieser Fragen gab es kürzlich auf derStandard.at in Form eines Quiz mit jeweils drei Antwortmöglichkeiten. Der Anteil der richtigen Antworten lag bei bescheidenen 31 Prozent, weil wir die Verbesserungen der Lebensbedingungen im globalen Maßstab völlig unterschätzen.

Vom Mediziner zum Berater

Der 1948 in Uppsala geborene Hans Gösta Rosling studierte in seiner Geburtsstadt Medizin und auch kurz Statistik, arbeitete dann einige Jahre als Mediziner in Afrika. Von 1983 bis 1996 beriet er unter anderem die Weltgesundheitsorganisation, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen oder die Schwedischen Zentralbehörde für internationale Entwicklungszusammenarbeit. Daneben war er ab 1990 Uniprofessor.

2006 gründete Rosling gemeinsam mit seinem Sohn die Stiftung Gapminder, die unter anderem die frei zugängliche Statistik Software Trendalyzer entwickelte, die er an Google verkaufte. Seine Vorlesungen und Präsentationen zur Visualisierung der Welt haben viele Auszeichnungen gewonnen. 2012 wurde der Mediziner und leidenschaftliche Aufklärer vom Magazin "Time" unter die 100 wichtigsten Personen der Welt gewählt, und im Vorjahr erhielt er gemeinsam mit seinem Sohn und seiner Schwiegertochter den Leonardo European Corporate Learning Award. 2016 wurde bei ihm aber auch eine Krebserkrankung diagnostiziert, der er am Dienstag erlag.

"Ein Riese ist gestorben"

Rosling beriet in den letzten Jahren jedoch auch viele einflussreiche Politiker und Wohltäter und hinterließ auch bei den meisten von ihnen – so wie bei so gut wie allen seinen Zuhörern – nachhaltigen Eindruck. Wie weit dieser Einfluss Roslings reichte, lässt sich auch an einigen Botschaften zu seinem Tod ablesen. Bill Gates etwa twitterte: "Ein großartiger Freund, Lehrer und eine echte Inspiration für unsere Arbeit."

Für Carl Bildt, den ehemaligen konservativen schwedische Ministerpräsidenten, machte Rosling "in einer Zeit des Zweifels und des Pessimismus den menschlichen Fortschritt für viele Millionen Menschen lebendig". Und sein sozialdemokratischer Kollege Jens Stoltenberg, langjähriger Ministerpräsident Norwegens, teile mit: "Ein Riese ist gestorben. Ein Freund, den viele vermissen werden." (tasch, 8.2.2017)