Alfred Eder ist seit mehr als 40 Jahren im Biathlon aktiv.

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Es ist angerichtet. Die Biathlon-WM geht los und die Scheiben warten nur darauf, abgeräumt zu werden.

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Hochfilzen – Mit dem Alter kommt die Gelassenheit. Im Fall von Alfred Eder stimmt das insofern, als dass er sich die "scharfen Töne abgewöhnt hat". Innerlich brodelt der 63-jährige Biathlon-Trainer aber schon ein wenig. Grund ist die Nichtberücksichtigung von Dunja Zdouc für die heutige Mixed-Staffel (14.45 Uhr). Statt Zdouc schickt der ÖSV Fabienne Hartweger ins Rennen. "Das ist eine unsportliche Entscheidung. Dunja lieferte bessere Ergebnisse diese Saison. Die ÖSV-Trainer sollen sich für diesen Entschluss genieren gehen", sagt Alfred Eder zum STANDARD. Zdouc war zu Saisonbeginn krank, zeigte später im Weltcup mit einem 28. Platz im Einzel in Antholz auf, Platz 31 gab es im Sprint von Ruhpolding. Hartweger lief auf einen 22 Platz im Einzel in Östersund, holte danach aber keine Weltcup-Punkte mehr. Dafür gewann sie einen Nachwuchs-Weltcup. ÖSV-Cheftrainer Reinhard Gösweiner sieht in Interpretationen von derartigen Leistungsdaten "viel Spielraum".

Bis 2012 war Eder selbst ÖSV-Trainer. Als Vizeleutnant und Biathlon-Betreuer im Heeressportzentrum in Hochfilzen, unterstützt er seit Anfang des Jahres die Biathlonschmiede, eine private Trainingsgemeinschaft, in der sich neben Sohn Simon auch Lisa Hauser und Zdouc vom ÖSV abgenabelt haben. Eine WM-Entscheidung also gegen einen Eder-Schützling, die "wir uns nicht leicht gemacht haben, im läuferischen Aspekt ist Fabienne doch stärker. Auf diesen Vorteil muss man setzen", sagte Markus Gandler, sportlicher Leiter des ÖSV. "Ich finde es ungerecht. Das habe ich den Trainern gesagt. Aber ich muss es akzeptieren und mich auf den Sprint konzentrieren", sagte die 23-jährige Zdouc.

Buhmann

"Es gibt auch im Skisport viele Grüppchen", sagt Eder. Darunter soll die Teamaufstellung nicht leiden. In der Mixed-Staffel ist es aber der Fall. "Ich werde wieder als der Böse hingestellt. Dabei arbeite ich nicht gegen den Skiverband. Im Gegenteil, wir bringen gute Athleten zur WM."

Am Schießstand im Stadion in_Hochfilzen hört man regelmäßig die Scheiben kippen. Alfred Eder schaut durch ein Fernglas, analysiert die Schussgenauigkeit seiner Athleten. Während der WM betreut Eder das weißrussische Team und also auch die dreifache Olympiasiegerin Daria Domracheva. "Eine tolle Mannschaft. Und ich hätte sonst auch keine Akkreditierung für die WM bekommen."

Steile Entwicklung

Alfred Eder blickt sich um, das um mehr als 20 Millionen Euro modernisierte Stadion ist Teil einer Entwicklung, "die man nur positiv sehen kann". Fünf bis sechs Monate im Jahr sind die Loipen in Hochfilzen benützbar. Deshalb kommen auch 80 Prozent der österreichischen Biathleten aus der Umgebung. Alfred Eder ist ein Pionier des bewaffneten Langlaufs, nahm an sechs Olympischen Spielen teil, gewann zwei WM-Bronzemedaillen. Seit 40 Jahren betreut er den Biathlon-Nachwuchs. Dutzende seiner ehemaligen Schützlinge tummeln sich bei der WM, ob als Aktive, Trainer oder Service-Techniker. "Das macht mich schon stolz."

Eder war bei der ersten WM in Hochfilzen 1978 schon am Start. "Der VIP-Bereich war damals ein Würstelstand. Die Ski haben wir uns selbst gewachselt, die Laufanzüge mussten wir uns kaufen. Wir wurden damals nicht einmal ignoriert." In puncto Infrastruktur hinkt man den Top-Nationen mittlerweile nicht mehr hinterher, man verfügt gar über eine moderne Indoor-Schussanlage und ein computergesteuertes Laufband für Leistungstests und Skirollertraining.

Es gibt keine Ausreden mehr für Misserfolg, aber Österreich hat immer noch "eine Mini-Mannschaft. Da holen wir eh sehr viel raus. Wenn wir mal einen guten Athleten haben, muss der 15 Jahre lang im Weltcup rennen."

Drohendes Szenario

Was sich seit Jahren nicht geändert hat, sind die Doping-Nebengeräusche. Für Eder ist es ein Rätsel, "warum IBU (Biathlon-Weltverband) und IOC (Internationales Olympisches Komitee) ihre Arbeit schleifen lassen." Die Frage ist: "War etwas oder war nichts? Die anderen Athleten verdienen eine Antwort." Eder machte selbst Erfahrung mit dem Thema. Nach dem Doping-Skandal von Turin 2006 wurde Eder vom ÖOC (Österreichisches Olympisches Komitee) für zwei Jahre gesperrt, später aber rechtlich rehabilitiert, weil man ihm nichts nachweisen konnte.

"Lange darf die IBU nicht mehr zögern, sonst nimmt das ein böses Ende für den Biathlonsport." Ein abschreckendes Beispiel sind für Eder die Radprofis. "Da sind nach dem großen Dopingknall alle Medien ausgestiegen und haben auf einmal zwei Jahre lang nichts mehr übertragen. Das kann uns auch passieren." (Florian Vetter, 8.2.2017)