Soll es künftig nicht mehr geben: verhüllte Frau am Graben in Wien.

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Wien – Das Tragen einer Gesichtsverhüllung in der Öffentlichkeit soll verboten werden – bei einem Verstoß droht eine Geldstrafe von bis zu 150 Euro: Mit diesem Plan zielt die Bundesregierung auf Musliminnen in Burka oder Niqab ab. Sie sollen diese Kleidung außerhalb ihrer eigenen vier Wände nicht mehr anlegen dürfen.

Durch die Stärkung der Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben soll auf diese Art die Integration gefördert werden. Doch laut dem Begutachtungsentwurf für das Antigesichtsverhüllungsgesetz führt der Weg dorthin rechtlich weiter, als es vom Anlassfall her notwendig erscheint und seit Lautwerden der Forderung nach einem Burkaverbot diskutiert wird: Geplant ist ein generelles Gesichtsverhüllungs- und Gesichtsverbergungsverbot für alle Menschen in Österreich – wenn auch mit weitreichenden Ausnahmen.

Viele Ausnahmen

Konkret soll künftig bestraft werden, "wer seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind". Keine Verwaltungsübertretung findet statt, wenn das Verhüllen oder Verbergen des Gesichts "durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat".

In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf werden die Ausnahmen detaillierter ausgeführt. Gesetzlich vorgesehen sei die Verhüllung der Gesichtszüge etwa im Rahmen der Sturzhelmpflicht für Mofa- oder Motorradfahrer. "Dabei ist etwa ein Herabsteigen vom Kraftfahrzeug zum Zwecke der Betankung vom zeitlichen Rahmen der Ausnahmeregelung umfasst." Erlaubt seien auch "ärztlich angeordnete" Verhüllung, etwa "Gesichtsschutzmasken" sowie auch solche, die "aufgrund witterungsbedingter Umstände (etwa als Schutz vor Frost) vorgenommen werden".

Funk: Gegen Bekleidungsfreiheit

"Ich bin wahrlich kein Freund der Stoffgefängnisse für Frauen – aber ein solches pauschales, mit Ausnahmen operierendes Gesichtsverhüllungsverbot könnte mit dem Grundsatz kollidieren, die Bekleidung frei wählen zu dürfen", kommentiert Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk im STANDARD-Gespräch den Entwurf. In der vorgeschlagenen Regelungen erblickt er eine Tendenz hin zum "Erziehungsstaat".

Auch seien erläuternde Bemerkungen über zeitlich noch erlaubtes Motorradhelmtragen "im Grunde lächerlich". Wobei sich hier die Frage stelle, ob dann etwa Einkaufen im Tankstellenshop mit Helm am Kopf bereits als verboten gelte: "Man könnte sogar überlegen, ob derlei nicht auch der angedachten Verdichtung der öffentlichen Überwachung durch Auswertung von Videoaufnahmen dient", sagt Funk.

Von Situation zu Situation regeln

Weit sinnvoller, so der Rechtsexperte, wäre eine Regelung, die definiere, in welchen Situationen das Verhüllen des Gesichts – etwa durch eine Burka oder einen Niqab, aber auch durch anderes – untersagt werde: "Beim Lenken eines Fahrzeugs, bei Gerichtsverhandlungen, bei Einlasskontrollen in Gerichte und Behörden", zählt Funk auf. (Irene Brickner, 9.2.2017)