Hirscher muss den Vortritt lassen.

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Dem strahlenden Sieger: Luca Aerni.

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St. Moritz – Also sprach Marcel Hirscher nach der Kombination am frühen Montagnachmittag: "Vor zwei Tagen bin ich vor der Klomuschel gehängt und habe mir gedacht, was tue ich da überhaupt. Und jetzt habe ich die Silbermedaille, ich bin ziemlich happy." Die Betonung lag freilich auf "ziemlich". Denn der nun vergoldete Schweizer Luca Aerni ist in der Addition von Abfahrt und Slalom um das Hundertstel einer Sekunde schneller als der Salzburger gewesen. Bronze sicherte sich ein weiterer Schweizer, Mauro Caviziel war auch nur um sechs Hundertstel langsamer als sein Landsmann. Die Gastgeber nutzen die Pistenkenntnisse in St. Moritz bisher schamlos aus, sie halten nach sechs von elf Bewerben bei dreimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze.

"In dieser Saison rauben mir die Hundertstelsekunden den letzten Verstand", verwies Hirscher darauf, dass er auch im Weltcup mehrmals extrem knappe Niederlagen hatte hinnehmen müssen. Mitentscheidend sei an diesem Tag aber die recht schnell ramponierte Slalompiste gewesen, sagte Hirscher. "Grundsätzlich ist hier alles top. Die Slalompiste heute war aber ein Flop. Da war für die hinteren Nummern heute nichts mehr drin."

Armer Baumann

Er war allerdings davon nicht betroffen, nach Platz 28 in der Abfahrt hatte Hirscher eine niedrige Startnummer. Die beste hatte übrigens der spätere Weltmeister, als 30. der Abfahrt eröffnet er den Slalom. Und war in dieser Disziplin schneller als Hirscher. Romed Baumann kam als Abfahrtssieger als Letzter an die Reihe, die Piste ließ nichts mehr zu, er, prinzipiell ein passabler Stangenfahrer, fiel auf Platz zwölf zurück. Baumann blieb ein Zucken mit den Schultern. "Es war richtig grausig zum Fahren. Von oben weg waren schon so komische Spuren drinnen. Ich habe mir richtig schwer getan", sagte der Tiroler. "Mit einer guten Abfahrt hast du dich heute selber bestraft. Ich war machtlos."

Hirscher hatte in der Abfahrt mit einem Fehler eine bessere Zeit vergeben. Letztlich verlor er Gold aber auf den letzten Metern des Slaloms. Zehn Sekunden vor der Ziellinie hatte er noch gewaltige 44 Hundertstel Vorsprung auf Aerni, im Ziel lag er um den berühmten Wimpernschlag zurück. Aerni, der 2,61 Sekunden Rückstand aus der Abfahrt wettmachte, sprach von einer perfekten Fahrt im Slalom. "Ich hatte auch Glück mit der Nummer."

Der 23-Jährige ist im Weltcup noch nie auf dem Podest gestanden, achtmal fuhr er in die Top Ten, zwei fünfte Plätze im Slalom (Kitzbühel 2014, Madonna 2015) waren bisher das Optimum. "Ich war noch nie so nervös wie heute", sagte Aerni. "Weltmeister hört sich unglaublich an. Das Abfahrtsgold von Beat Feuz hat mich motiviert. Heute ist alles aufgegangen." Als Hirscher hinter ihm geblieben ist, "habe ich angefangen, zu träumen. Das lange Warten war eine Qual." Aerni zittert ungefähr 45 Minuten lang. "Ich hatte bis zum Schluss schlottrige Knie."

Hirscher erinnert sich

Wieder einmal setzt sich derzeit bei einem Großereignis die Nation in Szene, die als Gasteber fungiert. Aerni: "Unglaublich, das in der Schweiz zu schaffen. Ich habe mir vorher alle Medaillenvergaben mit Schweizern angeschaut. Und mir dann gedacht, warum nicht?"

Hirscher weiß, wie es ist, bei einer Heim-WM zu gewinnen. 2013 hatte er vor 40.000 Zuschauern zum Abschluss Slalomgold geholt. "Schladming wird bei mir nie wieder zu toppen sein." An einem Gutteil des Schweizer Erfolgs sind aktuell auch zwei Österreicher beteiligt. Sepp Brunner ist Abfahrtschef bei Swiss Ski, Hans Flatscher Damenchef. Vor zwei Jahren bei der WM in Vail ist übrigens Hirscher der Aerni gewesen. Von Platz 30 aus wedelte er zu Kombi-Gold. (hac, fri, APA, 13.2.2017)

Endstand der Herren-Kombination:

1. Luca Aerni (SUI) 2:26,33 Min.
2. Marcel Hirscher (AUT) +0,01
3. Mauro Caviezel (SUI) +0,06
4. Dominik Paris (ITA) +0,40
. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) +0,40
6. Justin Murisier (SUI) +0,49
7. Carlo Janka (SUI) +0,68
8. Vincent Kriechmayr (AUT) +0,75
9. Adrien Theaux (FRA +0,77
10. Alexis Pinturault (FRA) +0,86
11. Bryce Bennett (USA) +1,00
12. Romed Baumann (AUT) +1,12

Weiter
17. Matthias Mayer (AUT) +1,59

Ausgeschieden in der Abfahrt:
Peter Fill (ITA)

Ausgeschieden im 2. Durchgang, u.a.:
Marco Schwarz (AUT)

Im Slalom nicht am Start, u.a.:
Kjetil Jansrud (NOR)