Viele Südkoreaner fahren gerne Ski, schauen aber weniger gern zu. Die Olympischen Spiele sollen dem Skisport auf die Sprünge helfen.

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2015 fuhr Jung Dong-hyun im WM-Slalom auf Platz 25. In St. Moritz ist er nicht dabei, er startet stattdessen bei den Asienspielen.

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Ryu Je-hoon wirbt in St. Moritz für Olympia 2018.

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St. Moritz – Ein bisschen überrascht es. Bei der Ski-WM trifft man Athleten aus Afghanistan, Kirgisistan, Peru und Zypern. Aber nicht aus Südkorea. Immerhin steigen dort in einem Jahr die Olympischen Winterspiele. Und immerhin hat Südkorea Jung Dong-hyun. Und Jung Dong-hyun war heuer schon 14. im Weltcupslalom von Zagreb.

Dafür ist Ryu Je-hoon, Direktor für internationale Beziehungen des südkoreanischen Skiverbands (KSA), in St. Moritz. Aber wo ist Jung Dong-hyun? Er bereite sich auf die Asienspiele in Sapporo (Japan) kommende Woche vor, berichtet Ryu. "Er wollte zur WM fahren, aber sein Sponsor wollte, dass er in Sapporo antritt." Dort könne Jung zwei Goldmedaillen gewinnen, auch weil der Japaner Naoki Yuasa nicht in Sapporo, sondern in St. Moritz antritt. An beiden Titelkämpfen teilzunehmen wäre zu stressig. Und außer Jung hat Südkorea keine international konkurrenzfähigen Skifahrer.

Ryu berichtet in St. Moritz als Teil einer fünfköpfigen Delegation des KSA dem Internationalen Skiverband über die Fortschritte in den Vorbereitungen für die Winterspiele in Pyeongchang. "Rund 90 Prozent der Wettkampfstätten sind fertig", sagt er. Man liege also gut im Zeitplan. Natürlich glaubt Ryu, dass Pyeongchang gute Spiele veranstalten wird. Was soll er anderes sagen? Er ist auch Mitglied des Südkoreanischen Olympischen Komitees.

"Verrückte politische Situation"

Freilich, alles läuft nicht rund. "Derzeit ist die politische Situation in Südkorea verrückt", sagt Ryu. Aufgrund von Korruptionsvorwürfen wurde Präsidentin Park Geun-hye Ende vergangenen Jahres suspendiert. Premierminister Hwang Kyo-ahn hat interimsmäßig ihre Aufgaben übernommen. Die Regierung hat im Moment also andere Sorgen als Olympia.

Der Chef des Organisationskomitees für die Spiele 2018, Lee Hee-beom, hatte kürzlich gesagt, dass auch einige olympische Bauprojekte Ziel von Korruption gewesen seien. Die Verträge für die Sportstätten seien aber auf transparente Weise abgeschlossen worden.

Bei der Frage nach den immer größer und teurer werdenden Spielen stöhnt Ryu: "Das ist nicht nur ein Problem von Pyeongchang." Es werde viel in die Infrastruktur investiert. Kopfzerbrechen bereitet ihm aber die Frage der Nachnutzung. Dafür benötige es eine Strategie. "Im Moment", sagt Ryu, "konzentriert sich das Organisationskomitee nur auf die Spiele, niemand kümmert sich darum, was danach ist."

Aufholbedarf im Skisport

Sportlich wollen die Südkoreaner im eigenen Land natürlich eine gewichtige Rolle spielen. Während man im Shorttrack und in den Eisschnelllauf-Sprintdisziplinen schon seit Jahren zur Weltspitze zählt, hat man versucht, sich im Vorfeld der Spiele breiter aufzustellen. "Im Bob und im Skeleton waren wir im Weltcup schon stark", sagt Ryu. Auch im Ski-Freestyle und im Snowboard könnten Südkoreaner vorne mitmischen.

Im alpinen und im nordischen Skisport freilich ist der Aufholbedarf größer. Auch mit Hilfe aus Europa und den USA hat man versucht, die Lücke kleiner werden zu lassen. So wirkte bis zum Vorjahr der Österreicher Georg Höllrigl als Cheftrainer der Alpinskifahrer. Zum ÖSV pflegt Ryu eine gute Beziehung. "Generalsekretär Klaus Leistner ist ein guter Freund."

Die olympischen Ski-Austragungsstätten in Jeongson liegen nicht besonders hoch. Der Herren-Abfahrtsstart erfolgt etwa auf 1370 Meter Seehöhe. Mit Naturschnee ist nicht immer zu rechnen. "Wir machen einen Plan für die Schneeproduktion", sagt Ryu. Auch Schneedepots würden angelegt. Kalt genug sei es jedenfalls. "Bis zu minus 30 Grad."

Teurer Skisport

Als Breitensport ist Skifahren in Südkorea durchaus beliebt. 17 Skiressorts gibt es, die Seilbahnen stammen zum Teil vom Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr. Allerdings wird laut Ryu die Zahl der Skifahrer weniger. "Der Skisport ist zu teuer." Der südkoreanische Skiverband verfolge daher eine Strategie, um die junge Generation zurück in die Skiresorts zu bringen. Unter anderem mit günstigeren Tageskarten.

Das Zuschauerinteresse am Skisport ist in Südkorea freilich begrenzt. "Im Fernsehen bekommen wir nicht die Primetime." Baseball und Fußball sind die Lieblingssportarten der Südkoreaner. Die olympischen Alpintestevents seien um Mitternacht oder frühmorgens im Fernsehen gezeigt worden. Ryu: "Da hat niemand zugeschaut."

Bei Olympia hofft man natürlich auf größeres Interesse. Und auf Jung Dong-hyun. An der nächsten Ski-WM werde Südkorea, so Ryu, wieder teilnehmen. "Ich hoffe es zumindest." (Birgit Riezinger aus St. Moritz, 16.2.2017)