Wie rund um das Murkraftwerk in Graz gestritten wird, ist unerträglich. Da ist einerseits Bürgermeister Siegfried Nagl, der alle Kraftwerksgegner, die mit Demos, Kundgebungen, Camps oder Baustellenbesetzungen täglich ihren Unmut äußern, als "Chaoten" bezeichnet. Es kommt ihm nicht in den Sinn, als selbsternannter "Bürgermeister für alle" vor Ort mit den Leuten zu reden.

Sonst würde er unter den "Chaoten" seine Bürger entdecken: den vierfachen Vater und Architekten im Walkjanker, der sich Sorgen um die ökologische Zukunft seiner Heimatstadt macht; die Anrainerin, der die Tränen kommen, wenn Bäume aus ihrer Kindheit umgehackt werden; oder die Biologen, Botaniker und Stadtplaner, die hier Bedenken äußern. Nagl hätte auch Politikerkollegen getroffen: Nationalratsabgeordnete, Landtagsabgeordnete und Stadträtinnen. Gewählte Volksvertreter wie er. Nagl sollte wissen: Nicht jeder Mensch, der sich eine andere Meinung bildet als er – und für diese einsteht -, ist verdächtig.

Doch auch manche der Aktivisten verhalten sich stur. Journalisten werden etwa in Trump-Manier kritisiert, wenn sie sich informieren wollen, bevor sie die Causa kommentieren. Die Aktivisten sollten wissen: Nicht jeder, der sich nicht sofort an die nächste Baggerschaufel hängt, ist verdächtig. Ein sachlicher Austausch ohne Guerillaposen und ohne Arroganz der Macht steht dringend an. (Colette M. Schmidt, 15.2.2017)