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Der Sarg von Oppositionsikone Etienne Tshisekedi, aufgebahrt Anfang Februar in Brüssel.

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Joseph Kabila, Jahrgang 1971, fühlt sich jung genug für weitere Amtszeiten.

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Die Uno zeigt sich besorgt wegen der von Rebellen begangenen Gräueltaten und wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten. Darüber hinaus sei man aber auch besorgt über den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch das Militär.

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Zusammenstöße zwischen Soldaten und Rebellen stehen vor allem im Osten auf der Tagesordnung.

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Er hätte die Übergangsregierung führen sollen, doch dann starb er Anfang Februar 84-jährig in einem Brüsseler Krankenhaus an einer Lungenembolie. Étienne Tshisekedi war einer der bekanntesten Oppositionellen der Demokratischen Republik Kongo. Als "verhinderter Präsident" wird er nun in die Geschichte eingehen. Jahrzehntelang hatte er die jeweiligen kongolesischen Machthaber bekämpft, 2011 verlor er gegen Joseph Kabila, nicht ohne sich kurzzeitig selbst zum Präsidenten auszurufen.

Kabilas letzte Amtszeit lief nun endgültig im Dezember 2016 aus; seither versucht der Sohn des vorherigen Präsidenten Laurent Kabila, sich mit allen Mitteln an der Macht zu halten. Erst Ende 2016 unterzeichneten Regierung und Oppositionsparteien am Silvesterabend unter Vermittlung der katholischen Bischöfe einen Kompromiss. Zentrale Bestandteile: Neuwahlen binnen eines Jahres und Kabilas Zugeständnis, nicht mehr anzutreten und auch keine Verfassungsänderung anzustreben, die ihm dies ermöglichen könnte.

Tod Tshisekedis befeuert Gewalt

Étienne Tshisekedi hätte an der Spitze eines Aufsichtsrats über die Übergangszeit bis zu den kommenden Wahlen wachen sollen – sein Tod kommt Kabila nun gerade recht und ist ein willkommener Baustein seiner Verzögerungstaktik. Ein Nachfolger für Tshisekedi ist nicht in Sicht, derweil bleibt Kabila im Amt. Eine weitere Finte Kabilas, um Neuwahlen zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern: Das Land könne die nötigen 1,8 Milliarden Dollar (1,69 Milliarden Euro) zur Organisation der Abstimmung in der derzeitigen instabilen Lage nicht aufbringen, argumentiert er. Der Haushalt der Regierung in Kinshasa betrug 2016 nur etwa acht Milliarden Dollar (7,53 Milliarden Euro). Die immensen Gewinne aus dem Abbau von Rohstoffen und den internationalen Hilfen verschwinden großteils in den Taschen der Regierenden.

Die mühsam errungene Vereinbarung eines Machtwechsels steht aktuell also auf der Kippe. Wahlen im Jahr 2017 werden immer unwahrscheinlicher, die Oppositionsallianz ist zerstritten. Während Tshisekedis Partei Union pour la démocratie et le progrès social (UDPS) in der Hauptstadt Kinshasa zum Dialog aufruft, macht beispielsweise ihr militanter Jugendflügel in der zentralen Provinz Kasaï, der Heimat Tshisekedis, zusammen mit anderen Milizen gegen den Staat mobil.

Neuer Brennpunkt

Kasaï ist ein recht neuer Konfliktherd im Kongo. Seit der brutalen Ermordung des regionalen Milizenführers Kamwina Nsapu durch Soldaten im Sommer 2016 liefern sich die dort ansässigen Rebellen einen Kleinkrieg mit der Armee. Laut der Uno, die 19.000 Blauhelme im Land stationiert hat, zwang der Konflikt seit letztem August 216.000 Menschen zur Flucht. 600 Personen seien insgesamt ums Leben gekommen. In den letzten Tagen allein gab es geschätzte 100 Tote.

Der Osten des Riesenreichs wird schon seit Jahrzehnten von zahlreichen Milizen heimgesucht. Sie kämpfen um Einflussgebiete und die Kontrolle über reiche Mineralienvorkommen, etwa Gold, Diamanten und Coltan. Erst am vergangenen Samstag wurden in dem Dorf Kyaghala in der Provinz Nordkivu 25 Zivilisten mit Macheten getötet. Auch Regierungssoldaten werden immer wieder für ähnliche Massentötungen verantwortlich gemacht. Sie mischen regelmäßig in den mafiösen Verteilungskämpfen mit oder gehen äußerst brutal gegen Oppositionelle oder Rebellen vor.

Bewusstes Ablenkungsmanöver

Beobachter hatten gehofft, dass ein schneller Machtwechsel die Gewalt im Staat eindämmen könnte. Das Gegenteil ist nun der Fall: Das derzeit herrschende politische Vakuum befeuert die Gewalt im Land noch zusätzlich. Für den Kongolesen Denis Kadima, Direktor des Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa (EISA) in Johannesburg, war diese Entwicklung vorprogrammiert: "Wenn die Regierung an Boden verliert, lässt sie bewusst das Chaos zu, um die Verzögerungen im politischen Prozess zu rechtfertigen," sagte er dem deutschen Auslandsrundfunk Deutsche Welle. "Das sind Ablenkungsmanöver, die sich immer dann beobachten lassen, wenn es darum geht, Fortschritte in der Demokratie zu behindern." (mhe, 20.2.2017)