Wien – Ein Ausschluss von EU-Ausländern vom Beschäftigungsbonus ist für den Europarechtler Franz Leidenmühler EU-rechtswidrig und werde "vom EuGH sicher nicht akzeptiert", wie er am Montag im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios sagte. "Diese Idee, dass die heimischen Arbeitskräfte geschützt werden, widerspricht diametral dem Binnenmarktgedanken", so Leidenmühler.

Der Jurist und Uni-Professor, der auch für die SPÖ im Linzer Gemeinderat sitzt, sieht im Vorschlag von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) einen unerlaubten Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU.

Für Kern sollte die Förderung "kein Anreiz dazu sein, dass neue Arbeitssuchende zu uns kommen und der Druck auf dem Arbeitsmarkt noch weiter steigt", wie er am Wochenende erklärte. Betreffende Personen müssten demnach schon in der Vergangenheit in Österreich legal gearbeitet haben oder ihre Ausbildung hierzulande abgeschlossen haben.

Kern legte Details zu Plänen vor

Kern hat am Montag dem Koalitionspartner ÖVP Details zur Ausgestaltung des geplanten Beschäftigungsbonus übermittelt. Eine Förderung soll demnach erfolgen, wenn eine beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos gemeldete Person, ein Abgänger einer österreichischen Ausbildungseinrichtung oder ein Jobwechsler angestellt wird, geht aus dem der APA vorliegenden Papier hervor.

Das Bundeskanzleramt begründet diese Einschränkung in dem Entwurf mit dem Ziel eines dauerhaften Rückgangs der Arbeitslosigkeit. Mitnahmeeffekte, etwa durch Saisonarbeitskräfte, oder "eine weitere Ausweitung des Arbeitskräfteangebots durch Migration" sollen verhindert werden. Auch Umgründungen, Verschiebungen im Konzern, Umwandlungen von Leiharbeitsverhältnissen oder Ähnliches betrachtet der Vorschlag als nicht förderungswürdig.

Kosten von bis zu drei Milliarden Euro

Mit dem sogenannten "Beschäftigungsbonus" sollen ab 1. Juli 2017 die Lohnnebenkosten für zusätzliche Beschäftigte für die Dauer von drei Jahren gefördert werden. Dazu muss das Unternehmen einen Beschäftigungszuwachs gegenüber dem Zeitpunkt der Antragstellung nachweisen. Die für die zusätzlichen Beschäftigten nachweislich bezahlten Lohnnebenkosten werden mit 50 Prozent bezuschusst. Die Förderung wird jährlich im Nachhinein von der staatlichen Förderbank AWS ausbezahlt. Das Kanzleramt schätzt die Kosten insgesamt auf bis zu drei Milliarden Euro.

Um förderungsfähig zu sein, muss das Unternehmen im Vergleichszeitraum einen Beschäftigungszuwachs von zumindest einem zusätzlichen Vollzeitäquivalent darstellen können (gerechnet als Bruttojahreseinkommen von zumindest 21.000 Euro). Betriebe, die laut Statistik Austria dem Sektor Staat zugerechnet werden, sollen nicht unter die Begünstigung fallen. Förderungsfähig sind laut dem Entwurf vollversicherungspflichtige Voll- und Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse, die der Kommunalsteuerpflicht unterliegen.

Uneinigkeit in der Regierung

Die Ausgestaltung des Beschäftigungsbonus hatte am Wochenende für Verwirrung zwischen SPÖ und ÖVP gesorgt. Kern erklärte via "Kronen Zeitung", mit der Einschränkung auf arbeitslos gemeldete Personen weiteren Zuzug aus Osteuropa unterbinden zu wollen. Die ÖVP befürchtete daraufhin, dass Jobwechsler, Schulabgänger, Lehrlinge und Uni-Absolventen ausgeschlossen wären – was nicht der Fall sei, wie die Roten beteuerten.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler mahnte mehr Sachlichkeit ein. Die Gewerkschaft unterstellte der ÖVP sogar, Kerns Vorschlag absichtlich missverstanden zu haben. In der ÖVP wiederum war man "unglücklich über das völlig unabgestimmte Vorpreschen der SPÖ via "Krone"", wie es gegenüber der APA hieß.

Mitterlehner sieht Schwenk von Kern

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht in den von Kern nun vorgelegten Details zum Beschäftigungsbonus ein Einlenken. "Damit hat der Kanzler seinen ursprünglichen Vorschlag zurückgezogen und geändert", erklärte Mitterlehner am Montag in einem der APA schriftlich übermittelten Statement.

"Ohne diesen Schwenk wären alle Jobwechsler und über 120.000 Lehrlinge, Maturanten, Uni-Absolventen und FH-Absolventen vom Beschäftigungsbonus ausgeschlossen. Das wäre weder praktikabel noch sinnvoll gewesen und hätte vor allem junge Menschen gegenüber Arbeitslosen benachteiligt", so Mitterlehner weiter.

Das Wirtschaftsministerium will den Vorschlag nun genau prüfen. Es gehe dabei um die praktische Umsetzungsmöglichkeit, die Finanzierung, offene rechtliche Fragen und die Betroffenheit bestimmter Branchen. "Wir wollen nach wie vor ein möglichst unbürokratisches Modell, das österreichische Unternehmen entlastet und zur Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen im Land motiviert", sagte Mitterlehner. (APA, 20.2.2017)