Heute gingen in Brüssel, Genf, Washington D.C., New York und Wien insgesamt hunderte Menschen gegen unbezahlte Praktika auf die Straße – viele von ihnen arbeiten in internationalen Organisationen wie der EU oder der UNO. Aber auch österreichische Unternehmen nehmen es mit der Bezahlung nicht immer genau. Die Plattform Watchlist Praktikum klärt über Rechte auf und sammelt Negativbeispiele.

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Meistens tun sie mehr, als das sprichwörtliche Kaffeekochen, aber heute können einige Arbeitgeber nicht mit ihren Praktikantinnen und Praktikanten rechnen. Denn zum ersten Mal haben sich in mehreren Städten weltweit Gruppen zusammengeschlossen, die heute streiken. "Wir kommen zusammen, um gegen die ausbeuterischen und ausgrenzenden unbezahlten Praktika zu kämpfen", heißt es im Aufruf der Initiative "The Global Intern Coalition". Brüssel, Genf, Washington D.C., New York und Wien sind dabei die Hauptschauplätze der Protestaktionen.

Keine neue Kritik

Etwa 100 junge Menschen kamen am Vormittag vor dem europäischen Hauptquartier der Vereinten Nationen zusammen. Laut swissinfo waren nicht nur Praktikanten, sondern auch Studierende, Gewerkschaften und auch Arbeitgeber am Genfer Place des Nations. Mit auf Poster gedruckten Silhouetten wurden jene Praktikanten gewürdigt, die es sich nicht leisten können, einen Tag zu streiken. Kaum besucht war das Event in Wien: Laut Organisatorin kamen nur 16 Praktikanten und Unterstützer.

Die Kritik ist natürlich nicht neu, für Schlagzeilen sorgte im Sommer 2015 beispielsweise ein UN-Praktikant in Genf, der um auf die Situation unbezahlter Praktikanten hinzuweisen in einem Zelt schlief. In Praktikantenstädten wie Genf und Brüssel, aber auch in US-amerikanischen Städten, wo internationale Organisationen sitzen, sind die schlecht- oder unbezahlten Studierenden und Absolventen für das Tagesgeschäft unabkömmlich. Die Jungen wiederum nehmen die finanzielle Mehrbelastung auf sich, weil das internationale Praktikum den Lebenslauf stark aufwertet. Dennoch sind in den vergangenen Jahren einige informelle Gewerkschaften für das junge Prekariat entstanden – etwa die Geneva Interns Association. Der heutige Aktionstag ist der nächste logische Schritt.

Drei zentrale Forderungen

Der Forderungskatalog der Global Intern Coalition ist nicht lang, dürfte aber dennoch nur schwer umsetzbar sein: Praktika sollen demnach vergütet werden, um unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund für alle zugänglich zu sein. Die Organisatoren fordern außerdem die Einhaltung von grundlegenden Arbeitnehmerrechten und faire Arbeitsverhältnisse. Last but not least wird auch die Qualität angesprochen: Praktika sollen eine sinnvolle Lernerfahrung darstellen, die junge Menschen beim Übergang von Bildung zu Beschäftigung unterstützt, heißt es in der Aussendung der Global Intern Coalition.

Situation in Österreich

Nur sehr wenige internationale Organisationen bezahlen ihre Praktikanten. Aber auch in regulären Unternehmen nimmt man es mit der Bezahlung oft nicht genau, kritisieren österreichische Gewerkschaften Jahr für Jahr. 92 Prozent der Studierenden in Österreich bemühen sich in ihrem angestrebten Berufsfeld um freiwillige Praktika, zeigt etwa eine Studie der Gewerkschaft der Privatangestellten. 79 Prozent der Schüler haben ähnliche Ambitionen. Jeder dritte Student arbeitet dafür zum Nulltarif. Knapp jeder Zweite verdient weniger als 800 Euro im Monat. 69 Prozent gaben an, einen normalen Arbeitsvertrag erhalten zu haben, auch wenn die Bezahlung meist unter den im Kollektivvertrag vereinbarten Mindestgehältern liegt. Rechtlich gesehen sind sogenannte freiwillige Praktikumsplätze nach beendeter Ausbildung normale Arbeitsverhältnisse, die nach Kollektivvertrag abgegolten werden müssen. (lhag, 20.2.2017)