Leo Windtner: "Warum soll ich mich jetzt groß aufregen? Es gibt ja kein Ergebnis."

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Wien – Leo Windtner, der Präsident des österreichischen Fußballbundes (ÖFB), hat Donnerstagfrüh einen Anruf entgegengenommen. Am anderen Ende der Leitung war Wiens Sport- und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny von der SPÖ. Windtner war überrascht. Obwohl ihm die Aufregung nicht entgangen ist. Schließlich hatte Mailath-Pokorny in einem Standard-Interview dem Neubau des Happel-Stadions, also der Errichtung eines Nationalstadions, eine Absage erteilt. Zitat: "Es gibt ja ein Stadion, das ist denkmalgeschützt." Den Sanierungsbedarf stellte er prinzipiell nicht in Frage. Das Gespräch wurde autorisiert.

Windtner ist nach dem Telefonat in keine Depression verfallen. Denn Mailath-Pokorny habe zu ihm gesagt, man warte das Ergebnis der Machbarkeitsstudie ab, es soll in rund zwei Monaten vorliegen. Demnach könne noch nichts endgültig entschieden sein. Windtner zum Standard: "Warum soll ich mich jetzt groß aufregen? Es gibt ja kein Ergebnis." Der ÖFB-Chef wirbt seit Jahren vehement für einen Neubau. "Man muss klar sagen: Passiert das nicht, wird Wien von der Fußballlandkarte verschwinden. Alles andere wäre eine Illusion." Das "Happel" erfüllt längst nicht mehr internationale Kriterien, die sinnlose Laufbahn ist ein Jammer, ein Champions-League-Finale bekommen zum Beispiel ausschließlich andere Städte zugesprochen. Windtner: "Es soll ja kein reines Fußballstadion, sondern eine multifunktionale Mehrzweckarena werden, in der Tagungen, Seminare, Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden, Büros vermietet werden. Es ist mir klar, dass ein paar Länderspiele im Jahr zu wenig für eine Auslastung wären."

Alte Wunden

Windtner warnt vor einem zweiten Versäumnis. Er wolle nicht in alten Wunden wühlen, aber man hätte schon anlässlich der Heim-EM 2008 "ein neues Stadion errichten müssen. Es fehlte der Mut, die Vision." Das Argument Denkmalschutz ist für Windtner kein stichhaltiges. Zulässige Interpretation: "So schön ist es wirklich nicht."

Natürlich werde das Nationalteam den Betrieb nicht einstellen, sollte die alte Hütte stehenbleiben. "Aber ein neues Stadion wäre ein Zeichen, ein Ansporn."

Das Happel steht im Eigentum der Stadt Wien, sie hat logischerweise das letzte Wort. Im Land des Föderalismus werden Kosten aber gegengerechnet, multipliziert, subtrahiert, addiert und dividiert, also sitzt der Bund auch im Boot. Der zuständige Verteidigungs- und Sportminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist laut Windtner einem Neubau überhaupt nicht abgeneigt, im Gegenteil. Doskozil hat das auch schon öffentlich kundgetan. Nun heißt es aus dem Ministerium: "Man wartet die Studie ab, Doskozil ist jedenfalls ein Befürworter eines herzeigbaren Stadions." Der Interpretationsspielraum ist groß.

Der ÖFB wird sich in jedem Fall ab 2018 oder 2019 um eine neue Heimstätte umschauen müssen, denn auch eine Sanierung würde rund zwei Jahre dauern. Salzburg und Klagenfurt sind die Alternativen, beide fassen je 30.000 Zuschauer, also um 18.500 weniger als das Happel. Rapids Allianz Stadion ist vorerst keine Option, es hat zwar schon Gespräche mit dem ÖFB gegeben, die Begeisterung der Hausherren soll dem Vernehmen nach äußerst begrenzt gewesen sein.

Die Kosten eines Nationalstadions wurden noch nicht konkretisiert, aber 300 Millionen Euro dürften wohl die untere Grenze sein. Der ÖFB wird und kann laut Windtner kein Geld beisteuern, das sei nicht die Aufgabe des Verbandes. "Wir können nur dafür sorgen, dass wir nicht von der Fußballlandkarte verschwinden." Fortsetzung in ungefähr zwei Monaten. Weitere Telefonate sind geplant. (Christian Hackl, 23.2.2017)