Die US-amerikanischen Großstädte, sie seien der Schauplatz eines nie dagewesenen Gemetzels, führte Donald Trump bei seiner Antrittsrede am 20. Jänner aus. Besonders im Fokus der präsidialen Wut: die sogenannten Sanctuary Cities, Städte also, die illegalen Einwanderern Zuflucht gewähren.

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Freiwillige Helfer unterstützen illegale Einwanderer in Sanctuary Cities, hier im kalifornischen San Diego.
Foto: AP Photo/Gregory Bull

Schon im Wahlkampf behauptete der Republikaner, dass diese Städte, darunter die Metropolen New York, Los Angeles und San Francisco, mit ihrer laxen Handhabung "Verbrecher züchten" würden und zu "so vielen unnötigen Todesfällen" geführt hätten. Wenige Tage nach Beginn seiner Amtszeit begann Trump eines seiner zentralen Wahlversprechen in die Tat umzusetzen, die Eindämmung der illegalen Einwanderung nämlich.

Während seither vielerorts über die geplante Grenzmauer zu Mexiko debattiert wird, steht die Drohung, gegen die Sanctuary Cities zwischen Atlantik und Pazifik vorzugehen, weit weniger im Blickpunkt. DER STANDARD gibt einen Überblick:

Was sind Sanctuary Cities überhaupt?

Wie der salbungsvolle, vom Kirchenasyl hergeleitete Name schon andeutet, tut man sich in den USA schwer mit einer exakten Definition. Je nach Ort verschiebt sich zudem das Ausmaß des Schutzes, den die Gemeinde – oder der Bezirk – den Einwanderern gewährt. Grob gesprochen bedeutet der Status Sanctuary City, dass die lokalen Polizeibehörden nicht nach dem Aufenthaltstitel eines Menschen fragen, mit dem sie zu tun haben. Ergo können sie seinen Status auch nicht an Bundesbehörden weiterleiten. Typischerweise ignorieren die lokalen Behörden zudem die Aufforderung der Einwanderungsbehörden, illegale Einwanderer, die sich kleinere Delikte zuschulden kommen haben lassen, länger als nötig festzuhalten, um sie nicht in die Gefahr der Abschiebung zu bringen.

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US-Heimatschutzminister John Kelly (links) lässt sich vom Hubschrauber aus die Grenzregion von Texas zu Mexiko zeigen.
Foto: Nathan Lambrecht/The Monitor via AP, Pool

Wie viele Sanctuary Cities gibt es?

Auch diese Frage gebiert unterschiedliche Antworten. Fest steht, dass Los Angeles, das schon 1979 den Sanctuary-City-Status für sich reklamierte, die älteste derartige Stadt der USA ist. Die Menschenrechtsorganisation Immigrant Legal Resource Center zählt aktuell 633 der insgesamt 3.144 Counties im ganzen Land dazu. Das bedeutet, dass etwa ein Fünftel der Bezirke von den von Präsident Trump angedrohten Subventionskürzungen für Sanctuary Cities betroffen wäre. Die meisten dieser Bezirke befinden sich in den traditionell liberalen Westküstenstaaten Kalifornien, Oregon und Washington, aber auch im Nordosten, in Florida und in den zentralen Bundesstaaten zwischen North Dakota und New Mexiko wird diese Politik verfolgt.

Wie sind sie entstanden?

Ihren Ursprung haben die Sanctuary Cities in den 1980er-Jahren, als Kirchen und andere religiöse Institutionen in den USA damit begannen, tausenden illegalen Einwanderern aus den mittelamerikanischen Krisenländern Guatemala und El Salvador ohne Asylstatus Schutz zu gewähren. Nach und nach zogen Städte und Counties nach und weigerten sich, den Kommandos der Bundesbehörden Folge zu leisten.

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In Trump'scher Manier unterzeichnete Steve Fulop (Mitte), Bürgermeister von Jersey City, ein Dekret, das seine Stadt zur Sanctuary City macht.
Foto: Reena Rose Sibayan/The Jersey Journal via AP

Was sind die Argumente der Befürworter?

Meist heißt es, die Städte hätten größere Probleme, als den Status ihrer Bewohner zu prüfen und Einwanderungsgesetze zu exekutieren. Von lokalen Polizeibehörden ist zu hören, dass eine härtere Gangart die mitunter fragilen Communitys destabilisieren und ihre Mitglieder davon abhalten könnte, mit den Behörden zu kooperieren, etwa wenn es um das Melden von Verbrechen geht. Und immer wieder wird vonseiten der Befürworter betont, dass die Sanctuary-City-Richtlinie die lokalen Polizeibehörden keineswegs daran hindert, kriminelle Einwanderer zu verfolgen.

Und die der Gegner?

Die Sanctuary Cities würden illegale Einwanderung stimulieren, argumentieren Trump und andere Republikaner. Außerdem würde so die Arbeit der Bundesbehörden im Kampf gegen ebenjene torpediert und somit die öffentliche Sicherheit stark gefährdet. Verbrechen, die durch Abschiebung hättet verhindert werden können, leisteten die Sanctuary Cities Vorschub. (Florian Niederndorfer, 5.3.2017)