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In der illustren Weltmeister-Runde angekommen: Stefan Kraft.

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Freut sich natürlich.

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Lahti –Nach einem Drittel der Bewerbe der nordischen WM in Lahti scheint auch Österreich im sogenannten Medaillenspiegel auf – recht prominent sogar, denn ein Skispringer erfüllte schon auf der Normalschanze die Erwartungen. Mehr noch, Stefan Kraft reihte sich in die illustre Liste der Normalschanzenweltmeister aus Österreich, folgte auf Anton Innauer (1980, gleichzeitig Olympiasieger), Armin Kogler (1982), Heinz Kuttin (1991), Wolfgang Loitzl (2009) und Thomas Morgenstern (2011). Die Deutschen Andreas Wellinger und Markus Eisenbichler holten Silber und Bronze. Krafts Freund und Zimmerkollege Michael Hayböck fiel im Finale vom dritten auf den sechsten Rang zurück, muss weiter auf seine erste Einzelmedaille bei einem Großereignis warten, schmückte aber wenigstens die Siegerehrung.

Krafts Triumph hatte sich bereits nach dem ersten Durchgang auf dem mittleren Bakken der Salpausselkä genannten Anlage in Lahti angedeutet. Während Gregor Schlierenzauer seinen Versuch verhaute (89,5 Meter) und Manuel Fettner sich selbt nur mäßig zufriedenstellte (95 m), gelang zunächst Hayböck just im Wettbewerb sein bisher beste Versuch auf schwierigen zu springenden Schanze mit ihren hohen Luftständen. Vor lauter Freude beliebte der 25-jährige Oberösterreicher zu scherzen: "Wenn es so stehen bleiben würde, hätte sicher keiner etwas dagegen. Also Abbruch, weil das Flutlicht ausfällt oder der Strom insgesamt."

Die Nerven behalten

Dies natürlich auch, weil Kollege Kraft nach einem Satz auf 99,5 Meter die Führung übernommen hatte und auch nicht mehr an Kamil Stoch abgeben musste. Der Pole, der in der Qualifikation noch mit Schanzenrekord (103,5 m) brilliert hatte, vergab die Titelverteidigung mit einem Satz auf 96,5 Meter fast schon vorzeitig, blieb aber zumindest auf Schlagdistanz zur Medaille. Der Sprung Hayböcks habe ihn beflügelt, sagte Kraft. Den diesbezügliche Aufwind rettete der 23-jährige Salzburger auch ins Finale vor rund 30.000 Zusehern, die vergeblich auf ein finnisches Wunder durch den lokalen Altspatzen Janne Ahonen gewartet hatten.

Kraft behielt auch die Nerven, als klar wurde, dass Hayböck mit einem zweiten Sprung auf 95,5 Meter keine Medaille holen würde. Erst Eisenbichler und dann Wellinger hatten mit den weitesten Sprüngen des Abends (100 m) attackiert, aber Kraft setzt 98 Meter brillant und rettete damit genug vom bequemen Vorsprung aus dem ersten Durchgang. Schließlich entschieden 2,1 Punkte zugunsten des hinter Stoch Zweitplatzierten im Gesamtweltcup, der damit in den jüngsten acht Springen das Podest erreichte.

Die offene Rechnung

"Das hätte ich mir nicht erträumen können, dass das heute passiert. Ich habe Andis Sprung auf der Leinwand gesehen, dass hat mich schon nervös gemacht. Ich habe echt davon geträumt", sagte Kraft nach dem Gewinn seines großen zweiten Titels nach jenem bei der Vierschanzentournee 2014/15. Vor zwei Jahren in Falun hatte er auf der Normalschanze Bronze und mit der Mannschaft Silber geholt. Am Sonntag soll gleich eine weitere Medaille folgen – im Mixed. "Da haben wir eine Rechnung offen, deshalb wird auch nicht zuviel gefeiert", sagte Kraft.

In Falun hatte es für ihn, Hayböck, Daniela Iraschko-Stolz und Jacqueline Seifriedsberger nur für Platz vier gereicht. Die Damen beklagten zuletzt den geringen Teamspirit. Für Abhilfe soll am Sonntag vor dem Bewerb ein gemeinsames Mittagessen sorgen. Bis dahin sollte auch Hayböck seine erste Enttäuschung verdaut haben: "Das Flutlicht ist leider nicht ausgefallen. Unglaublich cool, was der Kraft runter gebracht hat." Auch Schlierenzauer, in der Endabrechnung nur 24., konnte sich mit dem Weltmeister freuen: "Wunderschön, wir haben etwas zu feiern in unserem Appartement."

Er genieße es, in Lahti überhaupt dabei zu sein, "nicht mehr und nicht weniger. Mir fehlen die Sprünge, da beißt du dir die Zähne aus." Für den Großschanzenbewerb am Donnerstag wird sich der sechsfache Weltmeister neuerlich mannschaftsintern qualifizieren müssen. Coach Heinz Kuttin wollte daran oder gar an einen weiteren Einzelsieg von Kraft noch nicht denken. "Wir waren sehr gut vorbereitet, das gesamte Team. Wenn man mit so einem Speed anfahren kann, sieht man die ganze Arbeit vom Sommer", sagte der Kärntner Normalschanzenchampion von 1991. (Sigi Lützow aus Lahti, 25.2.2017)

Ergebnisse vom Normalschanzen-Bewerb der Herren im Skispringen bei den 51. Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Lahti vom Samstag:

1. Stefan Kraft (AUT) 270,8 Punkte (99,5/98,0 m)
2. Andreas Wellinger (GER) 268,7 (96,5/100,0)
3. Markus Eisenbichler (GER) 263,6 (95,0/100,5)
4. Kamil Stoch (POL) 262,5 (96,5/99,0)
5. Maciej Kot (POL) 255,1 (95,0/95,5)
6. Michael Hayböck (AUT) 254,4 (98,0/95,5)
7. Johann Andre Forfang (NOR) 253,1 (93,0/98,5)
8. Dawid Kubacki (POL) 251,5 (96,5/93,5)
9. Richard Freitag (GER) 250,4 (94,5/96,0)
10. Daiki Ito (JPN) 249,8 (95,5/94,5)

Weiter:

12. Manuel Fettner (AUT) 246,3 (95,0/94,5)
21. Simon Ammann (SUI) 235,4 (91,5/92,0)
24. Gregor Schlierenzauer (AUT) 227,0 (89,5/90,0)
25. Janne Ahonen (FIN) 226,3 (90,5/89,5)
28. Noriaki Kasai (JPN) 221,7 (90,0/89,0)