Wir halten die Situation in unserem Land für völlig sinnlos und unnötig", sagte die damals 13-jährige Jadranka Pejaković mit fester Stimme und überzeugtem Blick. Sie hatte 11.586 Unterschriften für den Frieden gesammelt und war beim großen Friedenskonzert in der Zetra-Halle in Sarajevo am 28. Juli 1991 aufgetreten. Von den 80.000 Leuten, die gekommen waren, glaubte kaum einer, dass es in Bosnien-Herzegowina zu Krieg kommen würde.

"Wir Kinder wollen in Frieden aufwachsen und uns nicht aufteilen lassen in Serben, Kroaten oder Muslime", sagte Jadranka Pejaković damals. Der Berliner Danijel Višević, dessen Familie selbst aus der Herzegowina stammt, ist im Vorjahr zufällig über Aufnahmen des Konzerts gestoßen und hat seither dutzende Menschen, die damals für den Frieden einstanden, interviewt. "Mich hat überrascht wie viele Konzerte und Demonstrationen es gab", sagt er zum STANDARD. Višević hat monatelang mit Mitstreitern recherchiert und eine eindrucksvolle Videodokumentation zusammengestellt. "Es geht mir darum, aufzuzeigen, wie Grenzen zwischen Menschen entstehen und dass man den Mund aufmachen muss, wenn jemand die Gesellschaft spalten und Hass säen will."

Krieg begann mit Propaganda

Die damals politisch gelenkten Medien in Belgrad starteten eine Propagandaoffensive gegen Kroaten und Bosniaken, indem sie die Wiederkehr des faschistischen Nazi-Marionetten-Staates der Ustascha (NDH) an die Wand malten und vorgaukelten, dass ein Genozid an den Serben drohe. Das entsprach zwar nicht den Fakten, verunsicherte aber die Menschen. Und manche Signale von kroatischen und bosniakischen Politikern nährten auch diese Angst. Der Historiker Nicolas Moll sieht drei Hauptfehler der internationalen Gemeinschaft: Die Anerkennung eines unabhängigen Bosnien-Herzegowina sei zu spät erfolgt. "Es gab Überlegungen in Deutschland, dass eine rasche Anerkennung Milošević davon abgehalten hätte, die Kriegsmaschinerie loszulassen." Zweitens habe man trotz des Ersuchens von Izetbegović 1991 keine UN-Truppen nach Bosnien entsandt. Und drittens sei der Plan des Diplomaten José Cutileiro, Bosnien-Herzegowina "ethnisch" aufzuteilen, völkischen Nationalisten wie Karadžić entgegengekommen.

"Die Europäische Gemeinschaft hat damit der Grundlage alle folgenden Aufteilungspläne Vorschub geleistet", so Moll. Er nennt diese Politik "eine vorweggenommene Legitimierung ethnischer Trennung". (awö, 27.2.2017)