Nachrichtenbeitrag zur DNA-Studie 2015.

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Seattle – Die Entdeckung war eine Sensation, doch was folgte, war vor allem ein jahrzehntelanger Rechtsstreit. Zuschauer eines Wassersportevents hatten 1996 am Ufer des Columbia River im US-Bundesstaat Washington einen menschlichen Schädel entdeckt. Daraufhin eingeleitete archäologische Grabungen brachten ein nahezu vollständig erhaltenes Skelett eines Mannes zum Vorschein, der vor 8.500 bis 9.000 Jahren gelebt haben muss.

Doch der archäologische Schatz entpuppte sich als hochbrisant: Mehrere Stämme amerikanischer Ureinwohner reklamierten den Toten, der nach der nahe gelegenen Stadt Kennewick benannt worden war, als ihren Vorfahren. Sie forderten die Herausgabe und Bestattung der Knochen und beriefen sich dabei auf ein Gesetz von 1990, das die Restitution kultureller Hinterlassenschaften der Ureinwohner Nordamerikas an ihre Nachfahren regelt.

Klärende DNA-Studie

Mehrere Anthropologen hielten dagegen, dass der Kennewick-Mann aufgrund anatomischer Unterschiede nicht als Vorfahre der klagenden Stämme angesehen werden könne. Sie vermuteten vielmehr eine Verwandtschaft mit Polynesiern, Europäern oder Ainu, den Ureinwohnern Japans – und wollten die Gebeine für die Wissenschaft zugänglich machen. Nach langem Hin und Her berichteten schließlich Genetiker um Eske Willerslev und Morten Rasmussen von der Universität Kopenhagen 2015 in "Nature", dass der Kennewick-Mann eindeutig näher mit den indigenen Bewohnern Nordamerikas verwandt ist als mit sonst jemandem. Die größte genetische Verwandtschaft besteht der Studie zufolge mit dem Stamm der Colville in Washington.

Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde im September 2016 einem Zusammenschluss mehrerer Stämme das Recht zugesprochen, den Kennewick-Mann wieder traditionsgemäß zu bestatten. Am 17. Februar 2017 wurden die Knochen, die bis dahin im Burke Museum of Natural History and Culture der Universität von Washington lagerten, schließlich übergeben. Mehr als 20 Jahre nach seiner Entdeckung wurde der Kennewick-Mann nun an einem unbekanntem Ort zum zweiten Mal bestattet – zur Erleichterung der Stammesvertreter und dem Bedauern der Archäologen. (red, 27.2.2017)