Frauen und Politik: Zu wenig präsent, zu wenig wichtig genommen.

Foto: Heribert Corn

Sabine Oberhauser hinterlässt nicht nur in der Gesundheitspolitik eine Lücke, welche die Regierung versuchen muss mit Umsicht und Weitblick zu füllen. Die so früh Verstorbene war auch Frauenministerin – und aus Erfahrung steht zu befürchten, dass man sich über den Ausgleich dieses Verlusts deutlich weniger Gedanken machen wird. Dabei sollte genau das jetzt passieren, und das wäre sehr im Sinne Oberhausers, die Frauenpolitik als zentrales Thema, als Querschnittsmaterie mit Auswirkungen auf alle Politikfelder ansah.

Es schmerzte sie – nicht nur sie –, dass das Ressort in dieser Koalition seine Eigenständigkeit verlor, das Thema Familie dagegen ein eigenes Ministerium bekam. Diese hauchfeine Unterscheidung zu bekritteln, mag auf den ersten Blick kleinlich wirken – doch das hat Auswirkungen, die nicht zu unterschätzen sind: Familienpolitik mit konservativem Touch wird offenbar mehr Bedeutung beigemessen als Frauenpolitik.

Familienbild

Man kann es etwa am neuen Kindergeldgesetz sehen, das zwar den löblichen Versuch unternimmt, Väter mehr in die kinderbetreuende Verantwortung zu nehmen – aber gleichzeitig den herkömmlichen Blick auf die Mutter-Vater-Kind-Familie nicht durchbricht und so Alleinerzieherinnen wie Patchworkfamilien, in denen der Vater nicht in der Familie lebt, benachteiligt.

Man kann es auch an der Enttäuschung des überparteilichen Frauenrings über den neuen Regierungspakt erkennen. Den positiven Aspekten – wie einem gesetzlichen Mindestlohn und einer verpflichtenden 30-Prozent-Frauenquote für Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen – steht die Vernachlässigung anderer, wesentlicher Punkte gegenüber: Im Regierungsprogramm fehlt etwa die lange geforderte Reform der Unterhaltsbevorschussung genauso wie eine weitgehende Verpflichtung zur Einkommenstransparenz. Vielfach kritisiert wird auch die Anrechnung des Partnereinkommens auf die Notstandshilfe und das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung.

Stillstand

Frauenpolitik findet auch nicht statt, wenn es seit Jahren keine Kinderkostenerhebung gibt, wenn der letzte große frauenpolitische Fortschritt, das Gleichbehandlungsgesetz von 1992, 25 Jahre zurückliegt – und die dringend notwendige Novellierung nicht einmal auf der Agenda der Regierung steht.

Quoten für Aufsichtsräte sind schön und gut, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass man Frauen in Geschäftsführungen großer Unternehmen noch immer mit der Lupe suchen muss. Und es ändert auch nichts daran, dass die Industriellenvereinigung (wo sind da die Frauen?) empört ist über die "Zumutung" von Quoten.

Männerrolle

Österreich fehlt ein breiter politischer Konsens darüber, dass es Männern wie Frauen und somit dem Land insgesamt besser geht, wenn mehr Gerechtigkeit als bisher herrscht – was etwa in Skandinavien eine derartige Binsenweisheit ist, dass man sich dort schon längst mehr auf die Rolle der Männer in Gesellschaft und Familie konzentriert als auf das "Frauenthema".

Die Künstlerin Terese Schulmeister hat jüngst in einem semifiktionalen Film ihre Beziehung zur Männerwelt aufgearbeitet und im "Presse"-Interview gesagt, sie sei in ihrem Leben "überall auf das Muster gestoßen, dass der Mann alles machen kann, was er will, und die Frau das zu schlucken hat". Und sie stellte die Frage: "Wann regen sich die Frauen endlich grundsätzlich so auf, dass Schluss ist damit?" Das ist eine berechtigte Frage, und es wird nicht zuletzt an der neuen Frauenministerin liegen, sie zu beantworten. (Petra Stuiber, 2.3.2017)