Totenköpfe erinnern ihn an "die Endlichkeit": Adel Abdel-Latif, Schweizer mit ägyptischen Wurzeln, warnt vor Zufriedenheit, diese sei "nur ein anderes Wort für Faulheit und Gleichgültigkeit".

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"Karrieresäue sind Gewinner – beruflich wie privat. Sie sind Macher, überlassen nichts dem Zufall und erarbeiten sich ihren Erfolg systematisch mit Strategie und Cleverness." Man soll sich also am besten noch heute in eine "Karrieresau" verwandeln, rät Autor Adel Abdel-Latif.

Das klingt wie ein Rückgriff auf skrupellose Karrierekonzepte der 80er, einer Videokassette entrissen, in der irgendwelche Rainmaker der Wall Street über die Trümmerfelder ihres Erfolges marschieren. Passend dazu aus Kapitel eins: "Prinzip 1: Gier ist gut!"

Es geht um Selbstermächtigung

Man muss sich schon staunend durch brachial wirkendes "Wording" arbeiten, um Zwischentöne zu finden und zu verstehen, worum es dem Mann geht: um Selbstermächtigung. Darum, nicht länger andere dafür verantwortlich zu machen, dass Erfolgsträume nur Träume bleiben. Sondern – wenn tatsächlich gewollt – die Sache und sich selbst in die Hand zu nehmen.

Die Nachsätze zu den dogmatischen Kapitelüberschriften setzen die Grenze: "Gier ist gut – aber nur in Verbindung mit Dankbarkeit" etwa. Oder die bedingungslose Karriereplanung – aber nicht auf Kosten anderer.

Sehr viele Menschen, sagt Adel Abdel-Latif, Schweizer mit ägyptischen Wurzeln und einem äußerst unkonventionellen Lebensweg, würden sich in ihren Möglichkeiten "amputieren". Weiter: Wir wissen, dass Burnout und Depression sehr viel mit innerer Imbalance zu tun haben. Also sollte man doch sich selbst und seine Bedürfnisse ernst nehmen, in den Mittelpunkt stellen und an ihrer Erfüllung arbeiten. Sonst bleibe man nun einmal fremdbestimmt.

Bloß keine Zufriedenheit

Der Mittvierziger war als Radiologe mit Anfang 30 einer der jüngsten Oberärzte in der Schweiz. Er trägt den Kickbox-WM-Titel und verdient derzeit sein Geld als Schattenverhandler: Wo es schwierig oder gar grimmig wird, tritt er in die zweite Reihe, arbeitet Strategie und Prozess aus, bereitet auf das Siegen vor. (Quick & Dirty heißt sein Buch dazu). Scheint recht einträglich zu sein angesichts der Villa und des Lifestyles, den der Vater dreier Kinder in Magazinen zeigt.

"Karrieresau" – warum so derb? Findet er gar nicht. "Karrieresau ist eine Selbstfindung", sagt Abdel-Latif, dem man den Kampfsport in Reagibilität und Körperspannung auch beim Kaffeetrinken ansieht. Ob er zufrieden sei?

"Entweder ich bin happy oder nicht", kommt klar zurück. Zufriedenheit ist für ihn negativ besetzt: "Meiner Meinung nach ist Zufriedenheit nur ein anderes Wort für Faulheit und Gleichgültigkeit." Im aktuellen Buch ruft er dazu auf, sich "vor Zufriedenheit konsequent zu schützen".

Einfache Erfolgsformeln

Eine Menge der sehr klar formulierten und angeleiteten Strategien etwa zum aufzubauenden Image erscheint der Leserin etwas eigennützig – "was ist schlimm daran?", lautet die Frage als Antwort. Abdel-Latif meint, was er freundlich und nachdrücklich sagt. Es gehe doch im Grunde immer darum, den "Mindfuck" zu überwinden, also aufzuhören, sich selbst zu blockieren und zu sabotieren. Ob der Erfolgsweg dann zu McKinsey oder in ein Sozialunternehmen führe, könne jeder für sich entscheiden und ergebe sich auch danach.

Nach dem Studium des Buches Karrieresau eben.

Zu kompliziert zu denken ist dabei nicht nötig. Beispiel Image: Dafür hat Abdel-Latif eine schlichte Formel: Image=erster Eindruck+ (mediale) Aufmerksamkeit + Drittbeweihräucherung. Wie alle drei Variablen zu erlangen und einzusetzen sind, wird erklärt. Ebenso das Warum und das Wie der "Emotionen, die man managen muss". Schlusssatz im Arbeitsbuch: "Die Welt gehört Ihnen."

Worauf er bis jetzt besonders stolz ist? Abdel-Latif lässt sich nicht aufs Parkett der Eitelkeiten führen: "Ich habe mir meinen eigenen Willen bewahrt und nie den Mund verbieten lassen." Das klingt doch gut. (kbau, 6.3.2017)