Etwa zehn Prozent aller Kinder haben keine zweite Impfung erhalten.

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In Österreich gab es in diesem Jahr bis zum 1. März bereits 64 Masernerkrankungen. "Wir sind auf dem besten Weg, das Spitzenjahr von 2015 zu erreichen", warnt der Wiener Impfspezialist und Tropenmediziner Herwig Kollaritsch. "Wir haben nach wie vor ein Masern-Problem. Das wird auch so bleiben", so Kollaritsch weiter. Der offenbare Grund dafür: Schon bei den Kleinkindern sind viel zu wenige gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft.

Die Zahlen bestätigen das: "Wir haben in Österreich eine 92-prozentige Durchimpfungsrate bei den Zwei- bis Fünfjährigen. Aber nur 82 Prozent haben die notwendige zweite Impfung erhalten." Laut offiziellen Angaben sind sechs Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen, das sind etwas mehr als 20.000 Kinder, derzeit in Österreich gar nicht gegen Masern geimpft. Etwa zehn Prozent aller geimpften Kinder sind kein zweites Mal immunisiert. Das sind fast 39.000 Kleinkinder und mehr als 37.000 Schulkinder. "Das Ziel muss sein, dass mit dem zweiten Lebensjahr 95 Prozent der Kinder zwei MMR-Immunisierungen erhalten haben", so Kollaritsch.

2016 waren die europäischen Top-Länder was die häufigsten Masern-Erkrankungen anbelangt Rumänien (611 Fälle), Italien (582 Fälle) und Großbritannien (503 Fälle). In Österreich waren im Vorjahr nur etwas mehr als zwei Dutzend Fälle registriert worden. Heuer jedoch, sind bereits in sechs Bundesländern Masern aufgetreten: je 26 in Niederösterreich und in der Steiermark, zwei in Kärnten, sechs in Oberösterreich, je ein Fall in Tirol und in Vorarlberg sowie zwei Fälle in Wien.

Rekordjahr 2015

Europaweit (EU/EEA-Länder) lag Österreich im Rekordjahr 2015 mit 35,3 gemeldeten Fällen von Masern pro einer Million Personen an zweiter Stelle nach Kroatien (Kroatien 51,6 Fälle pro einer Million Einwohnern). An dritter Stelle rangierte Deutschland mit 30,5 Fällen pro einer Million Personen, wobei es in Deutschland 2015 zu einem Todesfall bei einem Kleinkind im zweiten Lebensjahr kam.

Die Gesellschaft sollte, so Kollaritsch, auch damit aufhören, die Masern als eine ungefährliche Erkrankung zu betrachten. Eine Infektion "kille" beispielsweise den Großteil der Immun-Gedächtniszellen und führe so zu einer längerfristigen Immunschwäche gegenüber anderen Erkrankungen. Schließlich stelle sich laut internationalen Studien immer mehr heraus, dass die gefährlichste Komplikation der Masern, die sogenannte Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), häufiger auftrete als bisher angenommen. Dabei kann es etwa um die zwölf Jahre nach einer Infektion im Säuglings- oder Kleinkindalter zu einer fortschreitenden und in jedem Fall tödlichen Entzündung des Gehirns kommen. Ehemals wurde die Häufigkeit mit einem Fall unter 10.000 bis 100.000 Maserninfektionen angenommen. Nach neueren Erkenntnissen dürfte diese Rate bei etwa eins zu 1.700 liegen.

Weiter verbessert werden sollte in Österreich laut Kollaritsch auch die Durchimpfungsrate bei Kindern und Jugendlichen mit dem HPV-Impfstoff gegen Gebärmutterhals- und mehrere andere, bei beiden Geschlechtern vorkommende Krebserkrankungen (HNO-Karzinome etc.) sowie gegen Genitalwarzen. "Es gibt Anwendungsdaten aus Australien über zehn Jahre. Dort wurde eine Verringerung der HPV-Infektionsrate um 80 Prozent erreicht. Man sieht den Effekt auch in der Verringerung der Cervixkarzinom-Vorstufen", betont der Experte. Mit der neuen HPV-Vakzine, die auch im Gratis-Impfprogramm für Heranwachsende in Österreich eingesetzt wird, ergibt sich ein Schutz gegen 90 Prozent aller Humane Papilloma Virus-Stämme, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind. (APA, red, 8.3.2017)