Foto: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht

Joesi Prokopetz wohnt in Brunn am Gebirge, wobei er mit dem Begriff des Wohnens Schwierigkeiten hat. Das feinstoffliche Sein, meint der Kabarettist, liege ihm so wenig wie der übelriechende Kerzenberg auf dem Esstisch.

"Wohnen ist ein Verb wie jedes andere auch, und doch ist es erklärungsbedürftig, weil sich mit der Aktivität selbst noch lange keine Qualität des Daseins mittransportiert. Ich weiß bis heute nicht, was Wohnen eigentlich bedeutet. Der deutsche Kabarettist Horst Schroth hat einmal gesagt: 'Das Einzige, was Männer können, ist wohnen.'

"Anstand ist das, wie man sich benimmt, wenn man allein zu Hause ist. So gesehen, bin ich ein höchst anständiger Wohner." Joesi Prokopetz in seinem Wohnzimmer.
Foto: Lisi Specht

Ich finde diese Aussage entweder falsch oder zutiefst irritierend. Wohnen nämlich ist das Einzige, was ich nicht kann. Bewusstes Wohnen ist irgendetwas Inniges im feinstofflichen Bereich, und das erfordert eine Sensibilität, die ich definitiv nicht mein Eigen nennen kann. Meine Frau – ja, die wohnt. Und wie sie wohnt! Sie wohnt aktiv. Ich bin mehr der Passivwohner.

Im klassischen Sinne des Wortes wohnen wir hier zu zweit – also ich mit meiner Frau Karin Fendrich, ihres Zeichens Mitarbeiterin in der Direktion der Arbeiterkammer. Wir wohnen hier seit 14 Jahren, und das gut und gerne. Wir wohnen in einem Haus an der Stierwiese in Brunn am Gebirge. Das Haus hat an die 240 Quadratmeter und wurde irgendwann in den Achtzigern oder Neunzigern errichtet. Wir sind also die Zweitwohner. Nachdem ich handwerklich völlig ungeeignet bin, haben wir den Umbau einem geschickten Verwandten anvertraut. Der geschickte Verwandte hat Waschküche, Fitnessraum und Sauna eingebaut und hie und da das eine oder andere erneuert.

"Die Möbel sind irgendwie zusammengetragen", sagt Prokopetz über seinen Wohnstil.
Fotos: Lisi Specht

Wie man sich nach meiner recht unbeholfenen Wohnouvertüre unschwer vorstellen kann, ist das meiste Wohnspezifische, das man hier sieht, auf dem Konto meiner Frau zu verbuchen. Sie ist diejenige, die plant, aussucht, arrangiert, umstellt, dekoriert und dem rein funktionalistischen Dasein überhaupt erst eine Form gibt. Ich sage meist nur Ja oder Nein, wobei mein Ja erfahrungsgemäß verbindlichen Charakter und mein Nein meist nur empfehlenden Charakter hat.

Die Möbel sind irgendwie zusammengetragen. Der Wohnstil meiner Frau ist ein unprätentiöser Mix von Einzelelementen: Ein bisschen Country, ein bisschen mediterran und ein bisschen Ethno aus aller Welt. Nicht zu vergessen Westwing, denn meine Frau ist ein riesengroßer Westwing-Fan. Alle paar Augenblicke kommen die türkisen Kartons aus Deutschland, und dann werden Möbel ausgepackt und ins Wohnen integriert – und ich bin der Letzte, der es bemerkt. Denn für die stetige Evolution im Kleinen würde man, wie gesagt, einen Hauch Wohnsensibilität brauchen.

Der Umbau des Hauses wurde von einem Verwandten erledigt.
Fotos: Lisi Specht

Das Einzige, bei dem ich hypersensibel bin, ist die schiache Küche beziehungsweise das Skandalon des Verfalls derselbigen. Jahr für Jahr nehmen wir uns vor, uns ihrer zu entledigen und uns endlich eine neue, ganz normale Kuchl zuzulegen. Bis heute ist dieses Projekt gescheitert – so wie auch mein jahrelanger Kampf gegen die Kerzen. Denn entgegen meinen Bestrebungen werden diese übelriechenden Wachsmassen nicht weniger, sondern mehr. Dafür ruht unter dem Kerzenberg mein absolutes Lieblingsmöbel: unser Esstisch aus Altholz aus Indonesien.

Ansonsten pflege ich beim Wohnen eine unangestrengte Existenz und genieße das Haus als Hülle fürs Dasein. 'Anstand ist das, wie man sich benimmt, wenn man allein zu Hause ist', hat einmal jemand gesagt. Nun, ich bin keiner, der rülpst und furzt, sobald alle draußen sind. So gesehen bin ich sogar ein höchst anständiger Wohner. Große Pläne für die Zukunft haben wir nicht – außer dass wir mit dem Gedanken spielen, die Winterzeit in Zukunft im Süden zu verbringen. Das wäre dann Wohnen in Form eines sommerlichen Woanders-Seins. Das wäre dann wieder mal was Feinstoffliches, das es erst zu erlernen gölte." (13.3.2017)