Vor dem türkischen Verfassungsreferendum mit seinem in die EU hineinwirkenden Wahlkampf haben Doppelstaatsbürgerschaften in Österreich aktuell einen schweren Stand. In den einschlägigen Diskussionen kommen Inhaber zweier Pässe derzeit ausschließlich in Gestalt ehemaliger Türken vor, die nach ihrer Einbürgerung in Österreich ihre früheren Papiere behalten oder sich diese hinterrücks wieder angeeignet haben.

Damit aber wird eine Materie populistisch verkürzt und verfälscht, die man hierzulande eigentlich gründlich überdenken müsste. Weshalb steht man in Österreich, einem Land, das von Zuwanderung eindeutig mitgeprägt ist, dem Umstand so ablehnend gegenüber, dass Bürger mehrere Pässe haben? Warum besteht man nach einer Passverleihung auf Exklusivität – zumal sich in den vergangenen Jahren mehr Staaten zu Toleranz entschlossen haben?

Es gehe um Identität, um die Garantie, dass ein Neo-Österreicher seinem neuen Heimatland gegenüber wirklich loyal sei. So lautet die übliche Antwort auf derlei Fragen. Der Einwand, dass die Verleihung eines Dokuments derlei Zustimmung nicht garantiert, sondern dass diese nur durch echte Integration, also das Gefühl des Daheimseins, entsteht, wird ignoriert. Damit aber wächst die Distanz der Politik zu der größer werdenden Zahl von Österreichern, die dieses Land schätzen, obwohl sie sich als binational verstehen. (Irene Brickner, 9.3.2017)