Für die Amtszeit nach Van der Bellen wollen die Grünen mit Rot und Schwarz die Hofburg "trumpsicher" gestalten.

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Die neue Gesundheitsministerin hätte ein Hearing im Parlament für angehende Regierungsmitglieder "problemlos" überstanden, meint grüner Vizeklubchef Steinhauser.

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Wien – Ab 31. März machen sich die Parteien in einem eigens geschaffenen Unterausschuss im Parlament nicht nur an eine Reform des Wahlrechts, sondern auch an die Beschneidung der Befugnisse des Bundespräsidenten. SPÖ und ÖVP wollen ihm etwa das Recht auf Auflösung des Nationalrats streichen – und vor den Verhandlungen erklären sich die Grünen bereit, über Kompetenzen, die zu überschießender Auslegung eines Staatsoberhaupts führen könnten, zu reden, denn: "Die bisherige Tradition der Zurückhaltung kann einmal gebrochen werden", sagt Justizsprecher und Vizeklubchef Albert Steinhauser – weniger in Anspielung auf Amtsinhaber Alexander Van der Bellen, einst Chef der Grünen, sondern vielmehr auf Präsidenten vom Typus eines Donald Trump wie in den USA.

Um die Hofburg also "trumpsicher" zu machen, wie es Steinhauser ausdrückt, sieht die Oppositionspartei ein Bündel an neuen Maßnahmen für die Amtszeit nach Van der Bellen vor, weil sämtliche Neuerungen, die mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden müssen, ja wohl erst nach dessen (erster) Amtszeit in Kraft treten. Bis vor kurzem sah die FPÖ hier wenig Änderungsbedarf, deswegen glauben die Grünen, dass vor allem sie mit Rot und Schwarz die Verfassungsmaterie angehen werden.

Konsequenzen bei Inkompetenz gewünscht

Ganz oben auf der Agenda der Grünen stünde dabei ein neues Checks-and-Balances-System – vor allem vor der Angelobung von neuen Regierungsmitgliedern. Nach Neuwahlen etwa sollten sich der designierte Kanzler und alle Ministerkandidaten einem Hearing im Hauptausschuss des Parlament stellen müssen, ähnlich wie in Brüssel die Kommissare vor ihrer Ernennung. Bei allzu offensichtlicher Inkompetenz eines Kandidaten könnte sich das Staatsoberhaupt künftig aber auf das Hearing berufen, was "im Extremfall" zu einer Ablehnung führen würde.

Wegen ihrer hohen Fachkompetenz hätte die neue Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) etwa, bis vor kurzem Generaldirektor für die öffentliche Gesundheit, ein Hearing aber "problemlos" überstanden, erklärt Steinhauser. Für ihn auch "denkbar": Dass sich die Parteien auf einen Katalog einigen, unter welchen Voraussetzungen das Staatsoberhaupt einen schon amtierenden Minister entlassen kann – wie etwa angesichts schwerer Korruptionsfälle, auf eine genaue Ausgestaltung einer solchen Regelung müsste man sich hier aber bei den fraktionsübergreifenden Gesprächen einigen.

Umstrittener Passus steht zur Disposition

Das Recht des Bundespräsidenten auf Entlassung der Regierung, das im Vorjahr vor allem FPÖ-Hofburg-Kandidat Norbert Hofer in seinem Wahlkampf wegen der Flüchtlingskrise als Möglichkeit ins Spiel gebracht hat, würden die Grünen am liebsten streichen.

Ebenfalls Anliegen von ihnen: Die Auflösung des Nationalrats auf Vorschlag der Regierung möchte die Oppositionspartei nur unter bestimmten Konditionen angewendet wissen. Nämlich dann, wenn ein Misstrauensvotum erfolgreich war – und/oder wenn die Regierung selbst ihr Scheitern eingestanden hat. So hoffen die Grünen, auch "das ständige Taktieren mit Neuwahlen" einzudämmen, dessen SPÖ und ÖVP derzeit wegen anhaltender Streitereien verdächtigt werden.

Das Recht des Bundespräsidenten auf Auflösung des Nationalrats auf Vorschlag soll auch dann zum Tragen kommen, wenn sich über längere Zeit keine Regierung bilden lässt – dies soll aber erst dann wirksam werden, wenn sich ein neugewählter Nationalrat konstituiert hat, damit kein parlamentarisches Machtvakuum entstehen kann.

Höchstgericht früher gefordert

Bei der Auflösung von Landtagen hingegen soll das Staatsoberhaupt gar nichts mehr mitzureden haben. Das Recht, den Nationalrat zu ordentlichen Tagungen einzuberufen, wollen die Grünen dem Parlamentspräsidenten übertragen, aktuell hat dieses Amt Doris Bures (SPÖ) inne. Weniger spektakuläre Befugnisse des Bundespräsidenten mögen zudem entrümpelt werden, solche Pläne hegen auch längst die Koalitionsparteien. Weg soll etwa die Legitimierung unehelicher Kinder und Regelungen im Zusammenhang mit den Urlaubsantritten des Verfassungsgerichtshofpräsidenten und des Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes.

Im Zuge der Unterzeichnung von Staatsverträgen ist das Höchstgericht aus Sicht der Grünen künftig jedoch früher gefordert. Denn sobald das Staatsoberhaupt solche unterzeichnet, werden diese für die Republik bindend. Derzeit kann der Verfassungsgerichtshof erst ex post, also nach Kundmachung im Bundesgesetzblatt, die rechtliche Konformität solcher Bündnisse prüfen. Deswegen plädieren Steinhauser & Co dafür, dass der Bundespräsident, aber auch eine Minderheit des Nationalrats eine Prüfung veranlassen kann, sobald ein solcher Vertrag dem Parlament vorliegt. (Nina Weißensteiner, 11.3.2017)