Auf einem Baurechtsgrund des Stifts Klosterneuburg werden 192 freifinanzierte Anleger- und Eigentumswohnungen errichtet.

Visualisierung: Wiener Komfortwohnungen Gmbh

Sechs Jahre hat es gedauert, bis es nun losging: In der Jägerstraße 58 in Wien-Brigittenau baut die Wiener Komfortwohnungen GmbH 192 freifinanzierte Wohneinheiten. Schon Ende 2018 könnte alles fertig sein, so hoffte zumindest der Brigittenauer Bezirksvorsteher Hannes Derfler (SPÖ) beim Spatenstich vor wenigen Tagen.

Baurecht auf 100 Jahre

Das Besondere: Es handelt sich um ein Baurechtsprojekt. Dabei wird das Grundstück vom Bauträger nicht erworben, sondern diesem wird lediglich das Baurecht auf dem Grundstück eingeräumt. Die Liegenschaft unweit der U6-Station Jägerstraße gehört dem Stift Klosterneuburg, die Komfortwohnungen GmbH bekam das Baurecht auf 100 Jahre.

Vermarktet werden die Wohnungen von EHL. Ob es für die Mieter durch das Baurecht irgendetwas zu beachten gibt? "Nein", sagt EHL-Wohnimmobilienexpertin Sandra Bauernfeind. Es sei grundsätzlich eine Mietwohnung wie jede andere auch. Interessant sei aber, dass die (theoretische) Frage, was mit einem Mietvertrag passiert, der länger läuft als der Baurechtsvertrag, juristisch ungeklärt sei.

Dass es in der Jägerstraße zu so einer Konstellation kommt, ist nicht sehr wahrscheinlich. Wie meistens rät man Käufern von Vorsorgewohnungen nämlich auch hier grundsätzlich dazu, nur befristet zu vermieten, sagt Bauernfeind.

Vorteile für Anleger

Für das Baurecht ist pro Monat ein Baurechtszins von einem Euro je Quadratmeter Nutzfläche an den Grundstückseigentümer, also das Stift, zu entrichten. Dass dieser von Anlegern letztlich natürlich auf die Mieter überwälzt werden wird, liegt nahe. Denn grundsätzlich unterliege man der freien Mietzinsbildung; "der Baurechtszins kann, so wie auch ein Grundkostenanteil, bei der Mietzinskalkulation berücksichtigt werden", sagt dazu Pressesprecher Andreas Besenböck. "Wie die Eigentümer die für sie adäquate Miete berechnen und dementsprechend ihre Wohnungen auf dem Wiener Immobilienmarkt platzieren, liegt in deren Ermessen."

Ein Vorteil für Anleger ist, dass sie die Investitionskosten hier komplett steuerlich abschreiben können. Bei "klassischen" Vorsorgewohnungen, bei denen auch das Grundstück anteilig erworben wird, ist dieses mit 40 Prozent der Anschaffungskosten zu werten; nur die anderen 60 Prozent können deshalb abgeschrieben werden.

Dass unter diesen Bedingungen in der Jägerstraße mehr Anleger als Selbstnutzer kaufen, verwundert nicht. Ein Drittel der Wohnungen sei schon vergeben, so Besenböck; 80 Prozent der Käufer sind Anleger.

Verlängerungs-Option

Bleibt noch die Frage, was mit dem Gebäude nach Beendigung des Baurechts passiert. Für Käufer, die eine Vererbung der Wohnung im Blick haben, ist das vielleicht nicht unwesentlich. Das Baurechtsgesetz sieht in solchen Fällen vor, dass das Gebäude an den Grundstückseigentümer fällt, gegen eine Entschädigung von 25 Prozent des Restwerts. Allerdings kann auch etwas anderes vereinbart werden – was das Stift Klosterneuburg üblicherweise macht.

Diesfalls habe man vom Stift eine schriftliche Absichtserklärung, dass der Vertrag nach Ablauf um weitere 100 Jahre verlängert werden soll, erklärt Besenböck. "Diese Absicht gilt für das gesamte Objekt. Daher gibt es keine Ablösevereinbarung."

Der Gesetzgeber hat die Baurechtsvereinbarungen auf 100 Jahre begrenzt, weswegen eine neuerliche vertragliche Vereinbarung auf weitere 100 Jahre erst nach Ablauf der ersten 100 Jahre getroffen werden könne. (Martin Putschögl, 11.3.2017)