Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Manchmal hört sie Krankengeschichten und erfährt, wie es Patienten in Wirklichkeit geht.

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Patienten im Krankenhaus wissen nicht, wie sie sich zu verhalten haben – das Krankenhauspersonal setzt aber genau das voraus.

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Ich höre gerne Krankengeschichten. Zum einen, weil sie immer irgendwie eine Art Abenteuer sind, zum anderen, weil sie Einblick in die Systeme der Krankenversorgung in Österreich geben – in die Wirklichkeit sozusagen.

Folgende Geschichte: Eine Freundin sagt ein gemeinsames Treffen wegen einer Darmgrippe ab. Sie habe starke Bauchschmerzen – und das, obwohl sie eigentlich gerade einen Reistag gemacht hat. Ich wünsche gute Besserung und entdecke drei Tage später auf Facebook ihr Foto aus einem Spitalsbett. Das erkenne ich an der hellgelben Bettwäsche.

Der vermeintliche Magen-Darm-Virus war eine Blinddarmentzündung, irgendwann kam die Rettung und fuhr sie ins Sozialmedizinische Zentrum Ost (SMZ Ost), wo diese Freundin zuvor noch niemals gewesen ist. Dort erfolgte alles nach Plan: Blutabnahme, Ultraschall – und ja, es ist der Blinddarm, sie müsse gleich operiert werden.

Wartestation Notaufnahme

Gleich ist aber nicht sofort. Sie wird aus ihr unbekannten Gründen mit einem Bett in die Notaufnahme geschoben, liegt dort am Gang und harrt dessen, was nun passieren wird. Konkret 90 Minuten lang gar nichts – außer eben die Bauchschmerzen, die zunehmen und wieder abebben. Sie liegt dort, hat nicht die Kraft, lästig zu sein und zu fragen, wann sie drankommt – und irgendwann kommt jemand und schiebt sie in den Operationsbereich.

Dort wird sie dann allerdings ausgesprochen unfreundlich empfangen. "Wo bleiben Sie denn? Alles steht wegen Ihnen hier still, wir haben noch andere Patienten zu versorgen, Sie halten alles auf!", herrscht sie eine Ärztin an, die sich als ihre Anästhesistin herausstellt. Die Freundin ist fassungslos, ein entzündeter Blinddarm führt Patienten nicht automatisch dazu, sich im SMZ Ost und seinen Abläufen vor Operationen auszukennen. Und als die Narkoseärztin dann auch noch feststellt, dass die Freundin die für die OP notwendigen Zettel (Allergien et cetera) nicht ausgefüllt hat, flippt sie total aus.

Schmutziges Bett

Meine Freundin lässt sich das gefallen, weil sie in einem Dilemma ist. Erstens hat sie Schmerzen, zweitens Angst vor der OP und drittens weiß sie, dass genau diese böse Anästhestin ihr bald eine Narkose verpassen wird. Nur als sie dann gebeten wird, in ein gebrauchtes Bett zu übersiedeln, protestiert sie: weil ihr graust, vor dem zerknitterten Laken mit den vielen Flecken und den Haaren auf dem Kopfpolster. "Das ist frisch", hört sie und muss mühsam argumentieren, so lange, bis irgendjemand sagt, dass das Bett ja tatsächlich einem anderen Patienten gehört, der eben wieder zurückgekommen ist.

Wie die Geschichte ausgegangen ist: Die Operation ist gut verlaufen, der dreitägige Aufenthalt im Krankenhaus war problemlos (ohne jede anfeindende Schreierei), das Pflegepersonal verhielt sich freundlich, aufmerksam und zuvorkommend. "Die haben auch richtig gute Betten dort", meinte die Freundin, die mittlerweile schon wieder zu Hause ist. Und froh ist sie, dass sie nicht wirklich etwas Ernstes oder Kompliziertes hatte, "denn du willst denjenigen, die dich betäuben und aufschneiden, schon hundertprozentig vertrauen," sagt sie. (Karin Pollack, 19.3.2017)