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Kohleabbau fügt der Umwelt großen Schaden zu. Die australische Regierung forciert aber weiterhin den fossilen Brennstoff.

Foto: Reuters / Greenpeace / Patrick Hamilton

So rasch hat in der Geschichte Australiens kaum je eine Regierung gehandelt: Nur Tage nachdem der US-Multimilliardär Elon Musk erklärt hatte, in Südaustralien eine Tesla-Stromspeicheranlage entweder "innerhalb von hundert Tagen" bauen zu können oder sie andernfalls gratis zu errichten, macht die Regionalregierung in Adelaide Nägel mit Köpfen. Wie Jay Weatherill, Premier von Südaustralien, am Dienstag erklärte, wird das Bundesland eine Batteriespeicheranlage mit einer Kapazität von mindestens 100 Megawatt erstellen lassen. Gleichzeitig werde ein von der Regierung kontrolliertes Gaskraftwerk mit einer Kapazität von 250 Megawatt in Auftrag gegeben. Zur Finanzierung hat die Regierung einen speziellen Fonds im Umfang von knapp einer halben Milliarde Euro geschaffen.

Südaustralien reagiert damit auf eine Reihe von Stromausfällen. Die Blackouts in den vergangenen Monaten waren die Folge von zerstörten Leitungen, Netzüberlastungen und vor allem der ungenügenden Versorgung durch private Unternehmen, die die Stromproduktion kontrollieren.

Während die konservative Nationalregierung in Canberra unter Premierminister Malcolm Turnbull den mit 40 Prozent vergleichsweise hohen Anteil an erneuerbaren Energien in Südaustralien für die Situation verantwortlich machte und einen Ausbau der Kohleenergie verlangt, warf der Sozialdemokrat Weatherill den privaten Betreibern vor, sie würden ihr Monopol ausnutzen, um für einen "unzuverlässigen Dienst zu hohe Preise" zu fordern.

Wind- und Solarenergie in das Netz einspeisen

Damit sei jetzt Schluss, so der Premier. Er bezeichnet den seit 20 Jahren privatisierten Elektrizitätsmarkt als "zerbrochen". Sein Energieminister Tom Koutsantonis werde ab sofort bei Engpässen direkt eine Einspeisung zusätzlicher Kapazität ins Netz anordnen können. Bisher sei die Regierung in Krisenzeiten vom Wohlwollen der privaten Anbieter abhängig gewesen. Weatherill will noch vor dem nächsten Sommer die größte ans Stromnetz angeschlossene Batteriespeicheranlage des Landes bauen.

Darin soll die von einem ausgedehnten Netz von Wind- und Solaranlagen erzeugte Energie gelagert und in Zeiten des Spitzenverbrauchs – vor allem im Hochsommer – ins Netz eingespeist werden. Ein neues, aber staatseigenes Gaskraftwerk funktioniere als zusätzliche Sicherung bei Stromengpässen.

Südaustralien werde jedoch den Weg in Richtung erneuerbare Energien weiterverfolgen, so der sozialdemokratische Politiker. Die Aussage der konservativen Bundesregierung, wonach nur Kohle- und Gaskraftwerke die Grundlaststromversorgung garantieren könnten, sei falsch.

Eingeläutet hatte die spektakuläre Entwicklung vergangene Woche der kalifornische Elektrofahrzeug- und Batterie-Entrepreneur Elon Musk. Der Tesla-Gründer hatte über Twitter angeboten, innerhalb von 100 Tagen in Südaustralien eine Speicheranlage bauen zu können. Wenn er das Zeitlimit nicht einhalte, seien die Dienste kostenlos. Noch ist unsicher, dass Tesla den Zuschlag für den Auftrag erhalten wird, es gibt weitere Interessenten.

Klimaschädlich und beliebt

Am selben Tag kündigte auch der Nachbarbundesstaat Victoria ein kleineres Speicherprojekt an. Diese dramatische Wende in der Energiepolitik setzt die Bundesregierung massiv unter Druck, ähnliche Schritte zu setzen. Bisher ging sie in die andere Richtung. Turnbull hatte zum Beispiel in den vergangenen Monaten heftig dafür postuliert, den Anteil von Kohle und Gas von heute rund 80 Prozent am Strommix weiter auszubauen, zum Nachteil der erneuerbaren Energien, die rund 14 Prozent der Elektrizität generieren.

Die Folgen von mehr Kohlestrom wären schwerwiegend. Nicht zuletzt wegen der Abhängigkeit von diesem Rohstoff pumpt das Land unter den Industriestaaten pro Kopf der Bevölkerung die höchsten Klimagasemissionen in die Atmosphäre. Bereits jetzt spürt Australien etwa mit Dürren und der Korallenbleiche im Great Barrier Reef die Folgen des Klimawandels massiv. Beobachter sind kritisch, ob Australien sein – ohnehin bescheidenes – Ziel einer Reduktion der Emissionen um 26 Prozent bis 2030 überhaupt erreichen kann.

Jegliche Abkehr von der dominanten Kohlekraft wird auf heftigen Widerstand stoßen. Der der mächtigen Kohleindustrie verbundene ultrarechte Flügel der konservativen Partei macht Druck auf progressivere Regierungsvertreter.

Vor kurzem ließ Turnbull nach innerparteilichen Protesten einen bereits angekündigten Vorschlag zur Einführung eines Emissionshandelssystems wieder fallen.

2014 hatte der damalige, klimawandelskeptische Premierminister Tony Abbott schon ein von der Vorgängerregierung eingeführtes System wieder außer Kraft gesetzt und erklärt, Kohle sei "gut für die Menschheit". Nachdem Turnbull Abbott 2015 aus dem Amt geputscht hatte, zerschlug sich bald die Hoffnung, er habe seine frühere Begeisterung für erneuerbare Energien und ein Vorgehen gegen Klimaerwärmung mit ins Amt genommen. Stattdessen übernahm er die Klimapolitik Abbotts. (Urs Wälterlin aus Canberra, 16.3.2017)