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Apples Erfolg macht den Konzern auch zu einem der populärsten Arbeitgeber.

Foto: REUTERS/Brendan McDermid

Apple führt seit Jahren immer wieder die Rangliste der wertvollsten Konzerne der Welt an. Vom iPhone wurden seit dem Start im Jahr 2007 über eine Milliarde Geräte verkauft. Der Konzern zählt zu den begehrtesten Arbeitgebern in den USA. Im April öffnet der Konzern einen neuen Campus für 12.000 Mitarbeiter, der aufgrund seiner Dimensionen und der Architektur für Aufsehen sorgte. Und dennoch tauchen in der glänzenden Apple-Welt immer wieder dunkle Flecken auf. Ehemalige Angestellte, die an der Idylle des Toparbeitgebers kratzen. Wieso der Konzern dennoch so eine Anziehungskraft auf Jobsuchende ausübt, erklärt der Markenstratege Michael Brandtner.

"Wie in einer Hühnerfabrik"

Die Wiener Informatikerin Daniela Kickl hat drei Jahre als Support-Mitarbeiterin in der Europazentrale des Konzerns in Irland gearbeitet. Ihre Eindrücke von dieser Zeit hat sie in einem Buch festgehalten, das nun am 18. März erschienen ist. Von Bestrafungen für zu lange Krankenstände, eingeschränkten Klozeiten und einer Arbeitsklima wie in einer Hühnerfabrik ist darin die Rede. Im Interview mit dem STANDARD erzählt sie, dass sie eine verklärte Vorstellung von dem Konzern hatte. In Anspielung an das Stockholm-Syndrom von Opfern von Geiselnahmen spricht sie vom Apple-Syndrom. "Man arbeitet schließlich für Apple, da muss man sich zusammenreißen und durchhalten".

Kickl ist nicht die einzige, die Negatives von Apples Arbeitskultur zu berichten hat. Vor zwei Jahren machte sich der frühere Apple-Manager Ben Farrell in einem Blogeintrag öffentlich Luft. Er schilderte unter anderem, dass der Konzern Krankheiten oder familiäre Probleme als Leistungsschwierigkeiten einstuft. Ähnliches erzählt auch Daniela Kickl.

Auf der Website Glassdoor können Bewerber und Mitarbeiter anonym Bewertungen von Arbeitsbedingungen oder Bewerbungsgesprächen abgeben. Tatsächlich wird Apple hier allgemein als sehr guter Arbeitgeber beurteilt. Positiv bewertet werden etwa die Zusatzleistungen, die Apple bietet sowie die Werte des Konzerns. Bei der Work-Life-Balance und den Karrierechancen sieht es hingegen etwas magerer aus. Kickl arbeitete trotz Überqualifikation im Support, weil ihr beim Einstellungsgespräch ein rascher Aufstieg nahegelegt wurde. Das stellte sich später jedoch als leere Versprechung heraus.

"Erfolg zieht Erfolg an"

Wieso Apple einer der begehrtesten Arbeitsplätze ist, ist kein Geheimnis. "Starke Marken wirken nicht nur auf die Kunden. Sie haben auch eine starke Anziehungskraft auf dem Arbeitsmarkt. Erfolg zieht Erfolg an", erklärt der Markenstratege Michael Brandtner dem STANDARD. "Viele sehen auch einen Arbeitgeber wie Apple als ideale Basis für die eigene Karriere, vor allem auch im Lebenslauf. Man hofft so, dass die Marke auch positiv auf das eigene zukünftige Berufsleben abstrahlt."

Apple ist nicht der einzige Tech-Konzern, der mit solchen Vorwürfen konfrontiert wird und bei Jobbewerben hoch im Kurs steht. Berichte ehemaliger Google-Mitarbeiter erinnern stark an das was Kickl und Farrell erzählen.

Apple polarisiert

Bisherige Reaktionen auf die Vorwürfe in sozialen Medien und Foren zeigen, wie stark die Marke Apple polarisiert. Viele verteidigen den Konzern – so sind einige WebStandard-Leser der Meinung, dass Klozeiten ohnehin nicht bezahlt gehörten und Kickl wohl einfach nicht gewohnt sei Leistung zu bringen. Von anderen wiederum wird diese Haltung als blindes Fantum ausgelegt. Dass Apple so gegensätzliche Emotionen auslöst, ist ein bekanntes Phänomen. "Markenduelle sind nichts Neues. Wir hatten Coca-Cola versus Pepsi-Cola, Mercedes-Benz versus BMW, McDonalds versus Burger King, Austria Wien versus Rapid ..", zählt Brandtner auf. "Je stärker dieses Duell von den Marken, vor allem von der Marke, die den Status Quo herausfordert, zelebriert wird, desto größer die Chance, dass man echte Fans und Gegner bekommt. Hier hat sich Apple zweimal gegen den Weltstandard positioniert, einmal zuerst gegen IBM und dann gegen Microsoft." Daraus habe sich eine eingeschworene Apple-Welt entwickelt.

Von diesen Duellen profitieren laut dem Markenexperten immer beide Parteien. "Die Verlierer sind immer die Marken, die nicht am Duell teilnehmen können oder dürfen." Daniela Kickl habe nun ihr eigenes Markenduell gegen Apple gestartet, das viele Befürworter und Verteidiger auf den Plan gerufen habe. Negative Auswirkungen für den Konzern zeitigen derartige Vorwürfe aber kaum. Starke Marken seien gegenüber Krisen und Vorwürfen sehr resistent, so Brandtner. Kunden und Fans würden sich darüber vielleicht schnell empören. Bis jemand wirklich auf ein anderes Produkt wechselt, sei aber ein weiter Weg.

"Je erfolgreicher die Marke, desto eher verliert der Fankult an Kraft"

Stärker Auswirken könnte sich paradoxer Weise der Erfolg des Unternehmens. "Je erfolgreicher die Marke Apple wird, also je mehr Kunden man außerhalb des harten Kerns anspricht und erreicht, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fankult einmal an Kraft verliert", sagt Brandtner.

Apple hat die Vorwürfe bislang nicht kommentiert. Eine Stellungnahme des Konzerns sei nicht zu erwarten, heißt es seitens der PR-Vertretung auf Anfrage des STANDARD. Wie es in den heiligen iHallen wirklich zugeht, ist von außen schwer zu beurteilen. Der Markenstratege geht davon aus, dass Apple aktiv viele positive Maßnahmen für Mitarbeiter setzt. Ein Beispiel dafür ist die offene Unterstützung Apples für die LGBT-Community und gegen diskriminierende Gesetze in den USA. (Birgit Riegler, 19.3.2017)