Die Verbauung der Sackstraße murseitig um 1890: Nicht nur das Stadtbild, auch das heute viel tiefer liegende Flussbett hat sich seit damals völlig verändert.

Foto: Leopold Bude / Graz-Museum

Graz – Einem Mann namens Leopold Bude ist es zu verdanken, dass man derzeit im Graz-Museum durch ein Graz, an das sich nicht einmal mehr ältere Menschen erinnern können, spazieren kann. Bude starb vor 110 Jahren und war zu Lebzeiten der angesagteste Fotograf der Stadt.

In den vier Jahrzehnten vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges hielt Bude, der sonst auf Porträtfotografie spezialisiert war, die Stadt in unzähligen Bildern fest. Einzelne zum Abriss vorgesehene Häuser und ganze Straßenzüge lichtete Bude ab, bevor diese stadtplanerischen Modernisierungen wichen. Die Fotos kann man nun in der Ausstellung Verschwundenes Graz sehen.

Besonders spannend sind zum Beispiel die Bilder einer großzügigen Parkanlage, die gänzlich verschwunden ist: Der Joanneumgarten war ein 22.000 Quadratmeter großer botanischer Garten westlich des Eisernen Tores mit über 7000 Pflanzenarten. Erst nachdem die Anlage nach 1888 geschleift worden war, entstand der Joanneumring.

Gewaltige Umwälzungen

Auch die sogenannte Murvorstadt, die Bezirke Gries und Lend, machten in dieser Zeit gewaltige Umwälzungen durch. Selbst wer diese Gegend oder auch die Straßen rund um den Schlossberg und Hauptplatz oder den Bezirk Leonhard kennt, kann die Straßen und Gassen teilweise nur schwer anhand einzelner Gebäude wiedererkennen. Landkarten mit Fähnchen, die auf die Ausstellung verteilt sind, helfen bei der Orientierung im heutigen Graz.

Auch Fotografien des prächtigen Theaters am Stadtpark, das 1862 erbaut und 1899 schon wieder abgetragen wurde, lassen Besucher staunen. Es stand dort, wo später das Opernhaus gebaut wurde.

Das Faszinierende an den Fotografien Budes, der gebürtiger Wiener war, aber bis zu seinem Tod in Graz blieb, ist der ungeschönte und -verkitschte Blick auf die Stadt. Keine Postkartenidylle wird hier gezeigt, sondern Alltagssituationen mit spielenden Kindern oder Passanten vor den Gebäuden. (Colette M. Schmidt, 17.3.2017)