Tim Raue, My Way

51,40 Euro, Callwey

288 Seiten

ISBN: 978-3-7667-2265-2

Foto: Callwey

Der Berliner Koch Tim Raue hat eine steile Karriere hingelegt. Auf eine nicht gerade glückliche Kindheit folgte eine Zeit, in der für ihn als Mitglied einer Berliner Straßengang die Fäuste am meisten zählten. Die Chance, als Koch eine Lehre zu beginnen, änderte sein Leben jedoch gänzlich, schreibt Raue im sehr ausführlichen ersten Teil seines neuen Kochbuchs "My Way" – das auch viele Fotos aus seiner Kinder- und Jugendzeit enthält.

"Ich hatte etwas gefunden, worin ich gut war, und ich erkannte in der Küche rasch etwas anderes: Ich konnte ein Tempo gehen und das über einen Zeitraum, den die meisten anderen nicht hinbekamen." Schnell avancierte er nach einigen (Lehr-)Jahren in unterschiedlichen Küchen zum Küchenchef und mittlerweile betreibt Raue selbst mehrere Lokale, darunter sein Flaggschiff, das Restaurant "Tim Raue", es ist im Guide Michelin mit zwei Sternen dekoriert.

Erweckungserlebnis

Raue erzählt im Buch von seinem kulinarisches Erweckungserlebnis auf einer Reise nach Singapur, danach studierte er intensiv asiatische Küchen und konzipierte seinen Küchen-Stil neu.

Die Rezepte im Buch sind daher mit ganz wenigen Ausnahmen asiatisch inspiriert und – wir sprechen hier von einem Zwei-Sterne-Koch – nicht für den normalen Küchengebrauch bestimmt. Das beginnt schon bei den Geräten, die – mit Ausnahme des Thermomix – im durchschnittlichen Haushalt sicher nicht zu finden sind sowie auch den vielen Zutaten, die – trotz Lieferantenliste am Ende – ebenfalls nicht einfach so erworben werden können. Dass die Rezepte nicht ganz einfach sind und wie wichtig die richtigen Lebensmittel sind, gibt Raue auch explizit an: "Wenn sie glauben, Sie könnten mit einem vormals tiefgefrorenen Rotbarsch meinen Zander im Rezept ersetzen und ein nahezu ebenbürtiges Ergebnis erzielen, sind Sie auf der falschen Spur" schreibt der Spitzenkoch und dass die "nötige Hardware" eben dazugehöre. Und man müsse sich im Klaren sein, dass es einen enormen Aufwand bedeutet, die Rezepte im Gesamten nachzukochen. Aber einzelne Komponenten wären durchaus geeignet, sie zum Verfeinern zu verwenden oder eben auch Denkanstöße und Inspiration zu geben.

Genauso sollte man dieses Buch wohl sehen: Viele, viele schöne (Reise-)bilder von Tim Raue in Asien (von Nils Hasenau) viele, viele tolle Essensfotos (von Jörg Lehmann) und der ausführliche Einleitungsteil machen das Buch zum interessanten und lehrreichen Vergnügen für Menschen, die gerne essen und kochen, auch wenn sie sich dabei ihrer Grenzen bewusst werden. (Petra Eder, 18.3.2017)


Nachfolgend ein Rezept aus dem Buch:

Schwein, Yuzu & Mayonnaise
Foto: Jörg Lehmann/Callwey


Schwein, Yuzu & Mayonnaise (für 10 Personen)

"Dieses Rezept ist relativ einfach nachzukochen, denn auch wir verwenden hier fertigen Wan-Tan-Teig. Halten Sie nach Wan-Tang-Teig von Happy Boy Ausschau, den Sie mit etwas Glück in gut sortierten Asia-Märkten erhalten. Er ist maisgelb und wird nach dem Dämpfen besonders saftig und zart. Das Rezept war eine unserer ersten Dim Sum. Es ist ein Klassiker auf unserer Lunchkarte."

Wan Tan:

1 Paket Wantanteig von Happy Boy

Die Wan-Tan-Blätter mit der Masse(s. unten ) füllen und bei 100°C im Rational Konvektomat dämpfen. Im Anschluss in einer beschichteten Pfanne auf der Unterseite Sekunden ohne Fett anbraten.

Füllung:

400 g Schweinebauch, gepökelt, gegart und in Würfelchen geschnitten

200 g Geflügelfarce (s. Grundrezept)
100 g Ingwer, geschält und in Würfelchen geschnitten
80 g Frühlingslauch in feinste Ringe geschnitten

Cornish Sea Salt, frisch gemahlener weißer Pfeffer, rote Chilisauce (s. Grundrezepte)

Schweinebauch, Geflügelfarce, Ingwer und Frühlingslauch in einer Schüsselverrühren, mit Salz, Pfeffer und Chilisauce kräftig abschmecken.

Yuzu-Mayonnaise:
500 g japanische Mayonnaise
200 g Yuzu-Marmelade (s. Grundrezepte)
2 EL grüner Tabasco

Garnitur:
Pro Person jeweils..

2 Scheiben Porree, gedämpft
1 TL Schnittlauchöl (s. Grundrezepte)

Grundrezepte

Geflügelfarce

100 g Putenbrust

100 g Hühnerfleisch

100 g fetter Speck

200 g Sahne

2 Eier Größe L

Die Putenbrust parieren und in Würfelchen schneiden. Hühnerfleisch und Speck zweimal durch die feinste Scheibe des Fleischwolfs lassen. Pute, Huhn und Speck mit Sahne und Eiern vermengen und in einen Pacojet-Becher geben und viermal im Pacojet durchfräsen.

Rote Chilisauce

2 l Läuterzucker

80 g Knoblauch, geschält und fein gehackt

220 g rote Peperoni, fein gehackt

40 ml Essigessenz

400 ml Wasser

30 g Cornish Sea Salt

180 g Speisestärke

Alle Zutaten bis auf die Speisestärke aufkochen. Die Speisestärke in die kochende Sauce einrühren und alles 5 Minuten köcheln lassen. Die Sauce vom Herd ziehen und auskühlen lassen.

3 Minuten mit dem Stabmixer durchmixen.

Schnittlauchöl

1 Bund Schnittlauch, grob geschnitten

1 l Pflanzenöl

Beide Zutaten im Thermomix 5 Minuten auf Stufe 10 mixen. In einen Vakuumbeutel geben, vakuumieren und 24 Stunden ziehen lassen. Durch ein Haarsieb passieren. Das Öl kühl lagern.

Yuzu-Marmelade

1 kg Yuzu-Fleisch und -Schale fein gewürfelt

200 ml Yuzu-Saft

300 g Muscovado-Zucker

8 g Agar-Agar-Pulver

Yuzu-Fleisch, -Schale und -Saft mit dem Zucker aufkochen. Das Agar-Agar-Pulver einrühren und alles 5 Minuten köcheln lassen. Die Masse in eine Schüssel geben und auskühlen lassen. Im Anschluss im Thermomix zu einer glatten Masse verarbeiten.