Das US-Bombardement eines Gebäudes in einem Ort bei Aleppo, bei dem am Donnerstag dutzende Menschen getötet wurden, wirft ein grelles Schlaglicht auf die Gemengelage in Syrien. Den USA ist es bisher gelungen, ihren Krieg gegen Al-Kaida – laut US-Militärs das Ziel des Angriffs – beinahe unter der Wahrnehmungsschwelle zu halten: Assad-Regime, Rebellen, "Islamischer Staat" (IS), das sind die Stichwörter, die einem zu Syrien einfallen. Aber Terrorexperten warnen schon länger davor, dass der Islamismus einer – quasi gereiften, die irakischen Fehler nicht wiederholenden – Al-Kaida in einem Teil Syriens der große Profiteur sein könnte: eine Tragödie für die dortige Bevölkerung, die sich einst dem Aufstand angeschlossen hat, um ein autokratisches System loszuwerden.

Die Waffenruhe hat trotz ihrer Brüchigkeit dazu geführt, dass die kämpfenden Gruppen grob in zwei Teile zerfallen: jene, die, wenngleich widerwillig, auch an politischen Gesprächen teilnehmen, und jene, die wegen ihrer Radikalität nicht zugelassen sind – IS und Al-Kaida – oder Verhandlungen prinzipiell ablehnen. Der syrische Al-Kaida-Ableger (Nusra oder Fatah) hat die Ablehner eingesammelt: im Komitee zur Befreiung der Levante (HTS), das die jüngsten großen Bombenattentate in Damaskus verübt hat.

Dass die USA in Syrien auch Al-Kaida angreifen, reflektiert einen minimalen US-russischen Konsens, den es schon unter Präsident Barack Obama gegeben hat. Darauf, wie sich Donald Trump positioniert – ob er sogar mit Moskau kooperiert -, wartet man noch. Trump hat keinerlei Probleme mit der russischen Haltung zu den "Terroristen", aber sehr wohl mit Russlands Zusammenarbeit mit dem Iran.

Es ist durchaus möglich, dass dieser Teil des Kriegs in Syrien noch länger in der Grauzone, in der Trump das Verhältnis zu Moskau hält, bleibt. An einer anderen Front ist das unmöglich: in Raqqa, wo die Offensive bevorsteht, die den IS aus seiner syrischen "Hauptstadt" vertreiben soll.

Dort will nicht nur Assad mitmischen. Die Türkei hat klargemacht, dass sie sich ihre Rolle in Raqqa nicht nehmen lassen wird – schon allein, um jene der PKK-nahen syrischen Kurdenmiliz YPG zu verhindern. Und die USA wollen beide nicht verlieren: Die YPG ist ihr lokaler militärischer Partner auf dem Boden gegen den IS, und die Türkei ist ihr Partner in der Nato. Es ist die erste große diplomatische Herausforderung für das Trump-Team. Ohne Kompromiss kann die Schlacht von Raqqa nicht beginnen. (Gudrun Harrer, 17.3.2017)