Interessiert man sich für Smartphones aus China, die gute Hardware und Verarbeitung für merklich weniger Geld als hiesige Marken liefern, kommt man um den Namen Xiaomi nicht herum. Das 2010 gegründete Unternehmen ist mit seinen Smartphones längst eine Fixgröße auf seinem Heimatmarkt und betätigt sich auch in einigen anderen asiatischen Ländern.

In den Westen haben es die Smartphones offiziell aber noch nicht geschafft. Dennoch gibt es auch in Europa mittlerweile einige Nutzer, die ein Handy von Xiaomi ihr Eigen nennen. Denn seit Jahren führen zahlreiche Importhändler die Geräte in ihrem Sortiment. Verlässliche Zahlen fehlen zwar, aber angesichts vieler Beiträge in diversen Handyforen und einschlägigen spezialisierten Communities, scheint Xiaomi wohl der beliebteste Hersteller von "Chinaphones" zu sein.

Budget-Reihe

Den respektablen Ruf hat sich das Unternehmen primär über seine Flaggschiffe, die Mi-Serie erarbeitet. Mit dieser führt man regelmäßig vor, dass man sich auf technischer Ebene vor Samsung und Co. nicht verstecken muss. Nicht ganz so PR-tauglich, aber scheinbar auch gut nachgefragt, sind aber auch die Smartphones der Redmi-Reihe. Mit dieser richtet sich Xiaomi an Nutzer mit geringerem Budget.

Der neueste Sprössling ist das Redmi Note 4, das man im Jänner vorgestellt hat. Der Importhändler bieten das Gerät für hiesige Kundschaft um rund 180 Euro an. Der WebStandard hat den Budget-Androiden getestet.

Foto: derStandard.at/Pichler

Bekannter "Noname"

Ein Indiz für die Nachfrage nach den Geräten von Xiaomi ist, dass die meisten Importhändler sie auch direkt aus europäischen Lagern zustellen, um Kunden die Zollabwicklung zu ersparen. Der WebStandard hat das Testmuster des Redmi Note 4 von Honorbuy zur Verfügung gestellt bekommen, auch dort liefert man aus einem EU-Land und bietet nach eigenen Angaben auch eine europäische Adresse für die Abwicklung von Garantiefällen an.

Beim Testgerät handelt es sich um die "globale Version", die von Xiaomi also für den Vertrieb außerhalb Chinas konzipiert wurde. Diese läuft auch mit einer internationalisierten Fassung des Android-basierten Betriebssystems MIUI, die unter anderem deutsche Sprachunterstützung und Zugang zum Play-Store von Google mitbringt. Sie basiert beim Redmi Note 4 aktuell noch auf Android 6.0.1, das Update auf Android 7 befindet sich in Arbeit.

Wie auch für alle anderen Xiaomi-Handys gilt: MIUI kann man mögen, muss aber nicht. Es handelt sich jedenfalls um eine stark angepasste Version von Android mit allerlei Zusatzfunktionen. Das Interface ist teils an iOS angelehnt. Einen Appdrawer sucht man vergebens, installierte Anwendungen müssen über die Homescreens bzw. in Ordnern verteilt werden.

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Mittelklasse mit Infrarot, aber ohne NFC

Spezifikationstechnisch ist das Handy in der Mittelklasse angesiedelt. Zum Einsatz kommt ein Snapdragon 625, ein Chip mit acht Kernen auf Cortex-A53-Basis, die mit maximal zwei GHz takten. Bei der Speicherausstattung lässt sich zwischen einem Modell mit drei GB RAM und 32 GB Onboardspeicher sowie vier GB RAM und 64 GB Onboardspeicher wählen. Beim Testgerät handelte es sich um die "kleinere" Variante.

Kommt man mit dem Platz nicht aus, kann mittels microSD-Karte erweitert werden. Dazu muss man, da es sich um einen Hybrid-Slot handelt, jedoch den Platz für eine der zwei unterstützten SIM-Karten opfern. Es werden, mit Ausnahme von NFC, die üblichen Drahtlos-Standards unterstützt: LTE (inklusive Band 20), WLAN (802.11n), Bluetooth 4.1. Dazu gesellt sich ein generell und in dieser Preisklasse besonders selten gesehener Infrarot-Port, über den sich das Handy auch als Fernsteuerung für allerlei "klassische" Heimgeräte verwenden lässt.

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Gute Verarbeitung

Die Hardware kommt in einem metallenen Kleid mit verglaster Front, auf der sich ein 5,5-Zoll Display findet. Dieses bietet eine Auflösung von 1.920 x 1.280 Pixel. Die Darstellung von Farben und Kontrasten ist ordentlich, wenn auch nicht ganz so kräftig wie bei teuren Highendsmartphones. Die maximale Helligkeit erreicht ebenfalls nicht das Niveau von Spitzengeräten. Dank der passablen Entspiegelung halten sich die Probleme unter grellem Sonnenlicht aber in Grenzen. Einzig Fotos vom Bildschirm aufzunehmen, gestaltet sich als spezielle Herausforderung.

Das Handy misst 151 x 76 x 8,5 Millimeter bei 165 Gramm Gewicht. Auf besonders schlanke Ränder hat Xiaomi hier verzichtet, auch "Kinn" und "Stirn" des Handys fallen nicht sehr sparsam aus. Damit ist einhändige Bedienung selbst mit größeren Händen nur sehr eingeschränkt möglich. Die Rückseite könnte etwas mehr Halt bieten, das Smartphone ist aber längst nicht so absturzgefährdet wie beispielsweise das Huawei P10 oder gar das Xiaomi Mi Mix.

Foto: derStandard.at/Pichler

Unscheinbares Design

In ästhetischer Hinsicht fügt sich das Redmi Note 4 in der mittlerweile großen Masse an relativ schlanken Smartphones mit Metallverbau unauffällig ein. Verarbeitungstechnisch liefert es keinerlei Grund zum Meckern. Die Displayeinheit liegt eng am hinteren Gehäuseteil an, nirgendwo gibt es problematische Spalten oder unsaubere Fräsungen.

Am oberen Rand des Geräts sitzen Infrarotsensor und Kopfhörerbuchse. Unten finden sich der Lautsprecher und der microUSB-Port (2.0). Er dient für verkabelte Datenübertragung und zum Laden des Lithium-Polymer-Akkus, der eine Kapazität von üppigen 4.100 mAh aufweist. Rechtsseitig sitzen Ein/Aus-Schalter sowie die gefühlsmäßig etwas zu hoch angebrachte Lautstärkewippe.

Die Rückseite wird von einem ausreichend zuverlässigen Fingerabdruckscanner und einem flach anliegenden Kameramodul geschmückt. Es handelt sich um einen 13-Megapixel-Sensor mit Phase Detection-Autofokus sowie Dual-LED-Blitz. Die Frontkamera über dem Display nimmt mit fünf Megapixel auf.

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Firmware bedarf noch Optimierung

Bei den Benchmarks zeigt sich schnell, dass das Redmi Note 4 trotz neuerem Prozessor nicht ganz die Leistung seines Vorgängers aus dem Jänner 2016 erreicht. Mit rund 62.000 Punkten liegt es fst 17.000 Zähler hinter dem Redmi Note 3. Grund dafür ist, dass das ältere Handy mit einem Snapdragon 650 läuft. Dieser Chip ist zwar älter als der Snapdragon 625, was aus dem Namensschema nicht ablesbar ist, kommt aber durch die Nutzung zweier Cortex-A72 in seinem Sechskern-Gespann und einer etwas besseren Grafikeinheit auf mehr Performance – aber auch höheren Energieverbrauch.

Ein Gaming-Gigant ist das Redmi Note 4 nicht, aktuellere, grafisch aufwendige Games sollte es aber mit niedrigeren Einstellungen flüssig bewältigen. Für Alltagstätigkeiten reicht die Ausstattung problemlos. Auch in der Praxis waren gelegentliche kleine Ruckler die schlimmste Erscheinung bei der Nutzung. Mit Ausnahme von Problemen bei "Pokémon Go": Hier lieferte das Handy bei der Verwendung der Augmented-Reality-Funktion (Mischung des Kamerabildes mit 3D-Inhalten des Spieles) spürbare Aussetzer – allerdings auch nur zwischendurch. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Firmware des Handys noch Optimierungsbedarf hat.

Flotte Kamera, störrischer Weißabgleich

Gut schlägt sich die Kamera des Redmi Note 4 für ein Smartphone dieser Preisklasse. Selbst unter widrigeren Lichtbedingungen löst sie schnell aus, wenngleich die Fotoqualität im Vergleich zu Highendgeräten unter Kunstlicht und am Abend sehr deutlich leidet. Unter normalem Tageslicht gelingen hingegen herzeigbare Fotos, die farblich vielleicht einen mehr Sättigung vertragen könnten – was jedoch ein einfach behebbares Problem ist. Dafür fallen die Bilder recht detailreich aus, was wesentlich wichtiger ist.

Etwas problematisch zeigt sich der Weißabgleich, der in manchen Szenen zu radikal und in anderen wiederum zu sparsam arbeitet. Mit manuellem Fokussieren, gezieltem Einsatz von HDR oder der Verwendung einer alternativen Kamera-App mit mehr Kontrollen kann man hier gegensteuern. In der Regel darf man mit den Ergebnissen von "Schnellschüssen" aber zufrieden sein – zudem besteht auch hier Hoffnung auf softwareseitige Nachbesserungen.

Die Frontkamera wiederum präsentiert sich durchschnittlich. Für Social-Media-Selfies sind ihre Fotos ausreichend, für andere Zwecke killt der vorderseitige Aufnahmechip jedoch zu viele Details.

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Marathon-Akku

Als große Stärke erweist sich der Akku des Redmi Note 4. Selbst wenn man das Gerät mit energiehungrigen Apps wie "Pokémon Go" quält, nebenbei viele Fotos schießt und auch den Browser und Google Maps fleißig nutzt, senkt sich der Ladestand nur erstaunlich langsam.

Wenngleich dieser Testbericht sich nicht auf Langzeiterkenntnisse stützen kann, ist davon auszugehen, dass Durchschnittsnutzer mit ordentlichen Reserven über den Arbeitstag kommen. Wer sein Handy eher sparsam verwendet, hat auch eine realistische Chance auf zwei Tage Akkulaufzeit.

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Starke Telefonieakustik

Keine Blöße gibt man sich bei den Basics. Der Lautsprecher des Redmi Note 4 erreicht eine gute Maximallautstärke, klingt dann aber smartphone-typisch blechern. Seine akustischen Qualitäten lassen sich als durchschnittlich beschreiben. Keine Mängel gibt es bei der Wiedergabe über den Klinkenstecker.

Weiters bietet das Handy ordentlichen Mobilfunk- und WLAN-Empfang. Die Sprachqualität konnte bei Test-Telefonaten überraschen. Sofern sich nicht einer der Gesprächsteilnehmer an einem Ort mit schlechter Signalabdeckung befindet, wird man vom Gegenüber klar und laut gehört. Auch man selbst hat kein Problem, die Person am anderen Ende der Leitung zu verstehen – selbst wenn man neben einer gut befahrenen Straße wie dem Wiener Gürtel telefoniert. Die Rauschunterdrückung des Redmi Note 4 leistet gute Arbeit.

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Fazit

Für rund 180 Euro legt Xiaomi mit dem Redmi Note 4 ein beachtliches Gerät mit guter Ausstattung auf den Tisch. Von fehlendem NFC-Modul und kleineren Softwaremacken sowie der im Vergleich zum Vorgänger niedrigeren Performance abgesehen gibt das Android-Handy für diesen Preisbereich kaum Grund zur Kritik. Im Gegenteil: Es ist hochwertig verarbeitet, die Telefonieakustik hält mit Spitzengeräten mit und selbst "Heavy User" sollten mit dem Akku zufrieden gestellt werden können. Die Kamera hinterlässt, mit kleineren Einschränkungen, ebenfalls einen ordentlichen Eindruck. Mit dem Infrarotsensor gibt es zudem ein eher seltenes Feature.

Wer für die nächste Handyanschaffung nicht gleich das größte Sparschwein schlachten will, findet hier eine überlegenswerte Alternative vor. Sie setzt allerdings voraus, dass man sich auf einen in westlichen Märkten nicht vertretenen Hersteller einlässt. Das hat auch potenzielle Nachteile: Es bedeutet etwa – auch bei europäischen Support-Adressen, wie hier bei Honorbuy – dass die Abwicklung von Garantie- und Reparaturfällen einige Zeit in Anspruch nimmt, da die Verkäufer reklamierte Handys nach Fernost weiterleiten.

Hinweis

Vom Redmi Note 4 existieren drei verschiedene Versionen, die nicht verwechselt werden sollten. Dies wären die hier vorgestellte "globale Edition" mit Qualcomms Snapdragon-625-Prozessor, ein gleichnamiges Gerät mit Mediatek-Prozessor für den chinesischen Markt sowie das Redmi Note 4X, eine etwas später erschienene China-Edition, die wiederum mit dem Snapdragon 625 ausgestattet. Die letzteren beiden Varianten besitzen keine Unterstützung für das auch in Österreich wichtige LTE-Band 20. (Georg Pichler, 26.03.2017)

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