Istanbul – Im Konflikt mit Deutschland hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Kanzlerin Angela Merkel nun auch persönlich "Nazimethoden" vorgeworfen. In einer vom Fernsehen übertragenen Rede sagte Erdoğan am Sonntag: "Du benutzt gerade Nazimethoden." Zuvor hatte er deutschen Behörden "Nazimethoden" vorgeworfen.

Wegen der kurdischen Demonstration in Frankfurt am Main am Samstag hat die türkische Regierung außerdem den deutschen Botschafter einbestellt. Ein Sprecher Erdoğans sprach am Sonntag von einem "Skandal", weil viele Demonstranten verbotene Kennzeichen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit sich geführt hatten.

"Gestern hat Deutschland seinen Namen unter einen weiteren Skandal gesetzt", sagte der Sprecher. Der deutsche Botschafter sei am Samstag einbestellt und die Vorfälle "auf das Schärfste verurteilt" worden, sagte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin im Sender CNN Türk. Das kurdische Neujahrsfest Newroz sei als Vorwand für die kurdische Demonstration genutzt worden. Die türkische Regierung hatte bereits zuvor scharf gegen die Demonstration protestiert.

Das deutsche Außenministerium wollte eine Einbestellung des deutschen Botschafters indes nicht bestätigen. Dort hieß es lediglich, es habe "in dieser Sache telefonischen Kontakt" gegeben.

30.000 bei Demo in Frankfurt

Etwa 30.000 Menschen hatten am Samstag in Frankfurt am Main friedlich für "Demokratie in der Türkei" und "Freiheit für Kurdistan" demonstriert. Die Teilnehmer riefen auch zu einem Nein beim Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei auf.

Laut Polizei waren zahlreiche Fahnen und Plakate mit Abbildungen verbotener Symbole sowie Bilder des PKK-Chefs Abdullah Öcalan zu sehen. Die Polizei verzichtete aber nach eigenen Angaben auf Beschlagnahmungen, um einen friedlichen Verlauf der Veranstaltung zu gewährleisten. In einem solchen Fall gelte die Regel "Gefahrenabwehr vor Strafverfolgung". Die Fälle sollen aber strafrechtlich verfolgt werden.

Der Umgang Deutschlands mit der PKK ist Teil des seit Monaten bestehenden Konflikts mit der Türkei. Erdoğan hatte Angela Merkel zuletzt "Unterstützung von Terroristen" vorgeworfen. Die deutsche Regierung wies das als "abwegig" zurück.

Erdoğan: Yücel kommt vor Gericht

Der "Welt"-Journalist Deniz Yücel kann indes nicht auf eine schnelle Freilassung aus seinem türkischen Gefängnis hoffen. Yücel sei ein Terrorhelfer und werde vor Gericht gestellt, sahte Erdoğan am Sonntag. "Gott sei Dank ist er festgenommen worden." Die unabhängige türkische Justiz werde den Fall beurteilen.

Yücel hat die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit. Die deutsche Regierung fordert seine Freilassung, zudem solle das deutsche Konsulat Yücel im Gefängnis betreuen dürfen. Ministerpräsident Binali Yıldırım hab Merkel das bereits Anfang März zugesagt.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hatte sich im "Spiegel" besorgt über die Unabhängigkeit der türkischen Justiz gezeigt. "Wenn die Türkei wirklich ein Rechtsstaat ist, wie Herr Erdoğan behauptet, dann frage ich mich, wie er schon vor Beginn eines Gerichtsverfahrens wissen kann und sagen darf, dass ... Deniz Yücel ein Terrorist und Spion sei." (APA, 19.3.2017)