Udo Janßen, Chef des Wiener Krankenanstaltenverbunds, muss gehen.

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Stadträtin Sandra Frauenberger (Zweite von rechts) präsentierte am Montag die Übergangslösung für den KAV: Michael Binder (links) leitet ab sofort die ärztlichen Agenden in der Generaldirektion. Die bisherigen stellvertretenden Generaldirektoren Evelyn Kölldorfer-Leitgeb und Thomas Balázs stehen dem KAV interimistisch vor.

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Wien – Die kurzfristig anberaumte Pressekonferenz dauerte keine fünf Minuten. Fragen waren keine zugelassen oder wurden vorerst nicht beantwortet. Die Botschaft lautete: Die Stadt Wien trennt sich mit sofortiger Wirkung von Udo Janßen, dem Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV). Diese Entscheidung sei Montagfrüh gefallen, sagte die zuständige Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). Janßen sei das Ergebnis in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt worden.

Vertrag bis 2019

Über offene Ansprüche von Janßen könne sie noch nichts sagen. Der Vertrag wäre aber laut einem Sprecher Frauenbergers noch zwei Jahre gelaufen, Ablösemodalitäten seien Gegenstand von Gesprächen. Frauenberger begründete die Trennung von Janßen damit, dass das gegenseitige "Vertrauen verloren gegangen" sei.

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Schon in den vergangenen Monaten mehrten sich Ablösegerüchte um Janßen, der erst im November 2014 zum Generaldirektor bestellt wurde.

Grund waren vor allem die massiven Mehrkosten sowie die Zeitverzögerungen beim in Bau befindlichen Milliardenprojekt Krankenhaus Nord, dem Herz des Spitalskonzepts 2030 der Stadt Wien. Auch KAV-intern wurden die kritischen Stimmen gegen Janßen, der von der ehemaligen Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) nach Wien gelotst worden war, immer lauter. Ein Streit mit der Ärzteschaft wegen der neuen Dienstzeitmodelle gipfelte im Vorjahr in einem Warnstreik der Mediziner.

RH kritisierte Management des KAV

Zuletzt geriet der Deutsche wegen Gangbetten in KAV-Spitälern in die Kritik. Ein Rechnungshof-Rohbericht stellte dem Management des Spitalsträgers zudem ein desaströses Zeugnis aus. Und mit Spannung wird ein Untersuchungsbericht des Rechnungshofs zum Spital Nord erwartet.

Diesen Bericht wollte Frauenberger nicht mehr abwarten. Der Zeitpunkt der Trennung von Janßen ist aber nicht zufällig gewählt: Einerseits ist nach dem Rücktritt von Wehsely als Gesundheitsstadträtin die Rückendeckung für Janßen weg. Andererseits findet diesen Donnerstag und Freitag die Klubklausur der Wiener SPÖ statt. Mit der Ablöse von Janßen sollen Genossen, die personelle Veränderungen in der Stadt einmahnen, vorerst zufrieden gestellt werden. Janßen, der sich noch in einem Interview im Jänner fest im Sattel sitzen sah, wollte auf Anfrage keine Stellungnahme zu seiner sofortigen Freistellung vom Dienst abgeben.

"Mit Genugtuung"

Die Wiener Ärztekammer kommentierte mit wenig schmeichelhaften Worten die Demontage ihres Feindbildes. "Mit Genugtuung" nehme man die Trennung zur Kenntnis, hieß es am Montag in einer Aussendung. Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sah die Forderung nach einer "Veränderung im inkompetenten KAV-Management" als "größtenteils erfüllt" an. Als Nachfolger wird "eine Ärztin oder ein Arzt mit Erfahrung" gefordert.

Die Wiener FPÖ bezeichnete die Trennung von Janßen als "lange überfällig". Der Nachfolger solle nicht mehr verdienen als der Bürgermeister, "also 17.000 Euro im Monat". Janßen soll laut Rechnungshof 24.000 Euro brutto pro Monat erhalten. ÖVP und Neos mahnten Reformen im KAV ein.

Interimistische Lösungen

Frauenberger kündigte an, dass Janßens bisherige Stellvertreter – Evelyn Kölldorfer-Leitgeb und Thomas Balázs – den KAV ab sofort interimistisch leiten. Michael Binder, seit 2015 Leiter des Health-Care-Managements im KAV, wird die ärztlichen Agenden in der Generaldirektion übernehmen. Binder ist Facharzt für Dermatologie und hat auch einen zweijährigen Forschungsaufenthalt am Harvard-MIT in den USA absolviert. Alle Personalia seien in Übereinstimmung mit Bürgermeister Michael Häupl getroffen worden, sagte Frauenberger.

Die Position des KAV-Chefs werde ausgeschrieben, sobald die Weichenstellungen beim Spitalsträger getroffen seien. Die Stadt arbeitet derzeit an einer Neuausrichtung, Häupl wünscht eine Personal- und Finanzhoheit für den KAV. Eine Ausgliederung sei eine von mehreren Möglichkeiten, sagte der Stadtchef. Eine Studie mit verschiedenen Varianten zur Zukunft des KAV liegt bereits vor. Eine politische Entscheidung soll laut einem Sprecher Frauenbergers "in Bälde" gefällt werden. (David Krutzler, 20.3.2017)