Wien – Mit dem Espace hat Renault vorexerziert, dass man es versteht, die Kundschaft mit einer spannenden Neuinterpretation des Van-Themas abzuholen. Nun versucht man das auch bei den kleineren Brüdern Scénic und Grand Scénic. Wir haben den Scénic ausgefasst, und da ist hinsichtlich Designkonzept festhaltbar, dass er weniger flach und lang gestreckt wirkt wie der Espace, sondern eher pummelig und gemütlich (Shakespeare, Julius Cäsar: "Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein!"), und da die Grundform Ei deutlich erkennbar bleibt, sieht er auch aus wie aus dem Ei gepellt. Bei den ebenso serienmäßigen wie markanten 20-Zöllern wiederum frägt man sich, ob Renault da nicht gerade einen Trend mit auslöst.
Innen fällt im Vergleich zum Vorgänger – wie bei jedem neuen Renault – vor allem das Bediensystem ins Auge. Ein hochgestelltes Touchscreen-Tablet, das die Fahrzeugmitte dominiert und das zwar absolut am Puls der Zeit ist, an Bedienfreundlichkeit aber zu wünschen übrig lässt, bis hin zum Umstand, dass einem der Zoomfaktor im Navi letztlich vom System vorgeschrieben wird.
Am Raumkonzept selbst gibt es nicht das Geringste zu bekritteln, routiniert wie nur was findet Renault immer weitere Möglichkeiten, den Insassen das Leben an Bord zu erleichtern – pars pro toto genannt sei die schon aus dem Espace bekannte, große ausfahrende Schublade, die das klassische Handschuhfach ablöst. Die Rückbank lässt sich 1/3:2/3 oder gesamt verschieben und versenken, aber das kennt man ja schon. Und das Dreiecksfenster vorne an der A-Säule, das wirkt sich nicht immer sonderlich sichtfördernd aus.
Im Fahrbetrieb setzt Renault auf Tradition, nämlich auf Komfort, auch dann, wenn man die Einstellung "Sport" angewählt hat. Der 110-PS-Diesel, kombiniert mit Sieben-Gang-DSG, passt gut zum Auto, ein kräftiges, modernes Aggregat. Allerdings sind die Papierwerte beim Verbrauch (4,2 l/100) in der Realität kaum annähernd einlösbar, das ist generell die Krux bei vielen Downsizingmotoren.
Dafür geht es so sicher zu wie noch nie in einem Scénic. Ein Notbremsassistent mit Fußgängererkennung sorgt zwischen sieben und 60 km/h dafür, dass niemand zu Schaden kommt. Wir haben die Funktionstüchtigkeit allerdings lieber gar nicht erst ausprobiert. (Andreas Stockinger, 26.3.2017)
Nachlese:
BMW 225xe Active Tourer und 330e: Funkenkitzler