Wien – Obwohl Österreich die Bahn wie wild ausbaut: Drei Lückenschlüsse fehlen im Bahnsystem Österreichs zu den Nachbarländern Ungarn, Slowakei und Tschechien: Rechnitz–Szombathely, Wolfsthal–Bratislava–Petrzalka und Slavonice–Waldkirchen an der Thaya. "Die Mitgliedsstaaten bringen Geld für irrsinnige Großprojekte wie den Brennerbasistunnel auf", sagt der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europäischen Parlament (EUP), Michael Cramer. "Aber vergleichsweise kleine Lücken sind 27 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs noch immer nicht geschlossen." Dabei sei keine davon länger als zehn Kilometer.

Die Liste lässt sich beliebig verlängern: Zwischen Mõisaküla in Estland und dem lettischen Ipiki fehlen zehn Kilometer Bahngleise, sie wurden, wie jene der ehemaligen Pressburger Bahn östlich von Wolfsthal in Niederösterreich, für den Eisernen Vorhang demontiert – wie auch die Brücke über den Rhein von Volgelsheim in Frankreich nach Breisach nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut wurde.

Um "das Zusammenwachsen Europas auf der Schiene" auf Schiene zu bringen, haben Regionen- und Verkehrsausschuss des EUP 15 Lückenprojekte zur Revitalisierung identifiziert und dafür bei der EU-Kommission 110 Millionen Euro angeleiert. Nun liegen 18 Projekte um rund 600 Millionen Euro vor, und die EU-Kommission wird auswählen, welche bedacht werden. "Wir müssen uns auf sinnvolle und leistbare Projekte konzentrieren", sagt Grünen-Mandatar Cramer, nicht auf Megaprojekte wie den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Lyon–Turin, die laut Bericht des französischen Rechnungshofs am Ende 26 Milliarden Euro kosten werde statt zwölf.

Sinnlos verschwendetes Steuergeld

"26 Milliarden für täglich fünf TGV-Schnellzüge statt drei, das ist sinnlos verschwendetes Steuergeld", wettert Cramer unter Verweis auf Milliardeninvestments in Semmering- und Koralmtunnel. "Operativ geht die Baltisch-Adriatische Bahnachse über Bratislava und Szombately längst an Österreich vorbei", warnt Cramer.

Um die Klimaziele von Paris einzuhalten, müsse vor allem beim Verkehr etwas geschehen. Denn seit 1990 seien die Emissionen gestiegen, während sie bei Haushalten und Industrie rückläufig waren. Es müsse um Elektrifizierung gehen. "Aber das einzig vollelektrische Fahrzeug, die Bahn, wird gegenüber dem Lkw auf der Straße benachteiligt", sagt Cramer. Sie muss für jeden Schienenkilometer hundert Prozent Schienenmaut zahlen, Lkws aber nur für ein Prozent des Straßennetzes, weil jedes Mitgliedsland frei entscheiden könne, wo Maut anfällt.

"Wenn das so weitergeht, hat die umweltfreundliche Eisenbahn keine Chance." Fluglinien hätten es noch besser, sie "bekommen jedes Jahr 30 Milliarden Euro an Kerosin- und Mehrwertsteuer geschenkt". Der Ausbau der Zuläufe zu großen Tunnels stocke, aber E-Autos würden gefördert. (ung, 21.3.2017)