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Lebensmittelinspektoren in Brasilien prüfen Fleischwaren.

Foto: REUTERS/Ricardo Moraes

Brasilia – Der Skandal um angeblich verdorbenes Fleisch hat erste schwerwiegende Konsequenzen für Brasilien. Mehrere Staaten verhängten am Montag Importstopps gegen Rind- und Geflügelfleisch aus dem südamerikanischen Land. Die chinesische Regierung teilte mit, als Schutzmaßnahme Einfuhren von allen Fleischprodukten aus Brasilien zu stoppen. Brasilien verkauft rund ein Drittel seiner Fleischprodukte nach China.

Die Polizei wirft einigen Konzernen nach einer Razzia am Wochenende vor, vergammelte und überalterte Fleischprodukte auf den Markt gebracht zu haben. Brasilien ist mit einem jährlichen Ausfuhrvolumen von umgerechnet mehr als elf Milliarden Euro der größte Rindfleischexporteur der Welt. Die Fleischbranche ist einer der wenigen florierenden Wirtschaftssektoren in dem rezessionsgeplagten Land.

Kein Hinweis auf Import nach Österreich

Bisher gibt es beim brasilianischen Fleischskandal keinen Hinweis auf nach Österreich gelangtes Gammelfleisch. Die EU-Kommission stehe seit Freitag in Kontakt mit den dortigen Behörden, betonte Ulrich Herzog, Leiter Verbrauchergesundheit und Veterinärwesen im Gesundheitsministerium. "Wir vertrauen der Kommission", die die Federführung in der Sache habe, sagte er am Dienstagnachmittag zur APA.

"Solche Produkte können nur über die Flughäfen Wien-Schwechat und Linz nach Österreich kommen", erläuterte Herzog. Sollten dort Fleischwaren aus Brasilien eintreffen, werden sie überprüft. Dabei handle es sich jedoch um eine geringe Zahl. Brasilianisches Fleisch, das auf dem Landweg nach Österreich gelangt, müsse bereits bei der jeweiligen Eintrittsstelle in die EU kontrolliert werden.

Brasilianisches Schweinefleisch darf nicht in die EU eingeführt werden. Aus Brasilien werde hauptsächlich Rindfleisch für Steaks sowie Hühnerfleisch importiert, sagte Herzog. Dieses sei nicht im Einzelhandel zu finden. Gastronomen seien aber aufgefordert, ihre Ware zu prüfen. Alles, was Frischfleisch betrifft, unterliegt in Österreich einer strengen Herkunftskennzeichung, betonte der Experte.

Ein EU-Importstopp ist für Herzog denkbar, "wenn die Rückmeldungen der brasilianischen Brasilienungenügend sind." Er sprach sich aber für Maßnahmen "mit Ziel und Augenmaß" aus. Nach Rückmeldung der Kommission, "wird man sehen, in welchem Ausmaß die EU betroffen ist oder nicht", betonte Herzog. Gegen die betroffenen Unternehmen wurden demnach bereits Maßnahmen eingeleitet, vier Betrieben könnte die Zulassung entzogen werden. Sollte Österreich betroffen sein, wird das Gesundheitsministerium die Öffentlichkeit informieren.

Der aktuelle Fleischskandal betreffe nicht den österreichischen Markt, betonte Josef Domschitz vom Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Aus Brasilien werde in erster Linie "hochwertiges Rindfleisch" importiert, schloss er im Gespräch mit der APA aus dem hohen Kilopreis der eingeführten Waren im Vorjahr. Beim Hühnerfleisch seien zudem nicht einmal 1,5 Prozent der benötigten Importmengen aus Brasilien eingeführt worden.

EU verbietet Einfuhr aus vier Betrieben

Das südkoreanische Landwirtschaftsministerium kündigte an, vorübergehend den Import von Hühnerfleischprodukten des weltgrößten Geflügelproduzenten BRF zu verbieten. Mehr als 80 Prozent der 107.400 Tonnen eingeführten Geflügelfleisches stammten 2016 aus Brasilien, und fast die Hälfte davon wurde von BRF geliefert. Chile untersagte den Import von sämtlichen Fleischprodukten. Die Europäische Union verbot die Einfuhr von Produkten aus vier brasilianischen Fleischverarbeitungsanlagen, wie der brasilianische Branchenverband ABPA mitteilte.

Experten gehen davon aus, dass weitere Staaten die Einfuhr von Fleischprodukten aus Brasilien untersagen werden. Das Land wurde bereits von großen Skandalen, den staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras und den Baukonzern Odebracht betreffend, erschüttert.

Brasiliens Präsident Michel Temer kämpft darum, das Vertrauen in den wichtigen Wirtschaftszweig wiederherzustellen. Gerade 21 von 4.800 Fleischverarbeitern und 33 von mehr als 11.000 Kontrolloren seien betroffen, sagte das Staatsoberhaupt. Die Unternehmen bestreiten jegliches Fehlverhalten. (APA, Reuters, 21.3.2017)