Das malerische Gebiet rund um die Band-e-Amir-Seenkette ist seit 2009 als erster Nationalpark Afghanistans ausgewiesen. Im Rest des Landes gibt es jedoch gravierende Umweltprobleme: Die natürlichen Ressourcen haben in den vergangenen Jahrzehnten stark gelitten.

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Kabul/Dubai – Es war eine außergewöhnliche Botschaft der Taliban in Afghanistan. Die islamistischen Kämpfer, die gewöhnlich zum "heiligen Kampf gegen Ungläubige" und Widerstand gegen Nato-Truppen aufrufen, hatten diesmal eine ganz andere Bitte: Afghanen sollten mehr Bäume pflanzen. "Der Baumbestand spielt eine wichtige Rolle beim Umweltschutz, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Verschönerung der Erde", ließ Taliban-Führer Hibatullah Akhundzada kürzlich wissen. "Forsten und Landwirtschaft sind weltliche Wohltaten, die aber auch in unserem Leben nach dem Tode immens belohnt werden", erklärte er laut Taliban-Website "Voice of Jihad".

Afghanistans Wälder werden massiv abgeholzt. Bäume werden nicht nur für Brennholz geschlagen, sondern auch illegal geschmuggelt – über die Grenze nach Pakistan und von dort bis in den Arabischen Golf. Das UN- Umweltprogramm schätzt, dass Afghanistan in den vergangenen 30 Jahren etwa die Hälfte seines Waldbestandes verloren hat.

Bodenerosion

Vor einigen Jahrzehnten noch waren große Teile des Hindukusch-Gebirges mit üppigem Wald bedeckt – besonders im Norden und Osten Afghanistans. Walnuss- und Haselnussbäume, Eichen, Pfirsich- und Mandelbäume, Ahorn, Eschen, Weiden, Oliven- und Maulbeerbäume wachsen hier. Doch vor allem im Osten des Landes schwinden die Wälder. Dies führt zu Bodenerosion, was wiederum den Baumbestand weiter dezimiert.

Afghanistans nationale Umweltschutzagentur kritisiert die Regierung in Kabul dafür, nicht genug gegen Abholzung zu unternehmen. "Nur zwei Prozent von Afghanistan sind noch bewaldet", sagt Wali Modaqiq, der stellvertretende Leiter der Organisation. Jahrzehnte des Bürgerkriegs und der Trockenheit hätten die Wälder schrumpfen lassen, doch das illegale Geschäft mit dem Holz sei der "größte Killer" des Waldes. "Es gibt eine große Nachfrage nach afghanischem Holz im Ausland", so Modaqiq. 20.000 Hektar Wald gehen Schätzungen zufolge jedes Jahr verloren.

Der Schmuggel blüht

Zwar ist das Fällen von Bäumen zum Weiterverkauf in Afghanistan laut Gesetz verboten, doch der Schmuggel blüht – vor allem in der Provinz Kunar, an der Grenze zu Pakistan. Das Gebiet, das in weiten Teilen von den Taliban kontrolliert wird, lebt ausschließlich von der illegalen Holzindustrie. "Alle hochrangigen Beamten, auch der Gouverneur, der Polizeichef und die Provinzräte, alle sind involviert und bekommen ihren Anteil", sagt Haji Hamidullah, ein Geschäftsmann aus Kunar.

Imagekampagne

Holzschmuggel ist ein lukratives Geschäft. Im vergangenen Jahr ist auch die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS), in Afghanistan als Daesh bekannt, in die Branche eingestiegen. In Nangarhar, der Nachbarprovinz von Kunar, haben sie laut Berichten von Einwohnern Maschinen und Gerät herbeigeschafft, um Bäume schlagen und transportieren zu können. Dieser Vorstoß ist vor allem den Taliban ein Dorn im Auge, die mit dem IS in Konkurrenz stehen.

Auch die Taliban – die das meiste Geld mit Opium und Schlafmohnanbau machen – waren in der Vergangenheit in den Holzhandel verwickelt. Kein Wunder also, dass sie sich zu Baumschützern entwickeln. Für Hibatullah Akhundzada, der erst seit Mai 2016 der neue Chef der islamistischen Miliz ist, geht es auch um sein Image bei der Bevölkerung. (Agnes Tandler, 23.3.2017)