Immer mehr Menschen leben in Österreich alleine.

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Wien – Rund ein Sechstel der Bewohnerinnen und Bewohner Österreichs lebt allein. Das geht aus neuen Zahlen auf Basis der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung hervor, die die Statistik Austria am Donnerstag veröffentlicht hat. Gemessen an der Gesamtbevölkerung ist der Anteil der in Einpersonenhaushalten lebenden Menschen in den vergangenen drei Jahrzehnten von zehn auf 17 Prozent gewachsen – das sind mehr als 1,4 Millionen Menschen.

3.865.000 Haushalte waren im Vorjahr in Österreich registriert, das ist ein Plus von 37 Prozent gegenüber 1986. Im selben Zeitraum war das allgemeine Bevölkerungswachstum mit 15 Prozent deutlich weniger stark.

Besonders ist der Anteil der Einpersonenhaushalte gestiegen, von 779.000 oder 27,6 Prozent im Jahr 1986 auf 1.429.000 oder 37 Prozent im vergangenen Jahr. Die Zahl der Familienhaushalte nach traditionellem Rollenbild aus Vater, Mutter und Kind(ern) ist in ähnlichem Maßstab gesunken.

Den größten Anteil der Alleinlebenden bilden mit knapp 43 Prozent die über 60-Jährigen, die oft nach dem Tod des Partners oder der Partnerin in diese Lebensform gelangen. Ihr Anteil ist allerdings seit Jahren konstant und nicht der maßgebliche Faktor für den Trend zum Einpersonenhaushalt.

Die Annahme, junge Erwachsene würden sich aus individualistischen Motiven immer häufiger für ein Singleleben entscheiden und so zum Zuwachs beitragen, ist ebenso falsch. Der Anteil der 15- bis 29-Jährigen an den Bewohnern von Einpersonenhaushalten war mit 14,5 Prozent zu Beginn dieses Jahrzehnts sogar höher als im Vorjahr mit 13 Prozent.

Auch der Anteil der 30- bis 44-Jährigen ist zwischen 2004 und 2016 von 24,1 auf 19,4 Prozent gesunken. Es sind allein die 45- bis 59-Jährigen, die zum starken Anstieg der Singlehaushalte in den vergangen Jahre beitrugen. 2004 machten Angehörige dieser Altersgruppe lediglich 18,6 Prozent aus, im Vorjahr waren es bereits 25 Prozent – der wesentliche Grund für den Anstieg sei in den ebenfalls konstant steigenden Scheidungsraten zu suchen, sagt Rudolf Richter vom Institut für Soziologie an der Universität Wien.

Knapp unter dem Europaschnitt

Vor dreißig Jahren waren die nur von einer Person bewohnten Haushalte noch klar weiblich geprägt. In sieben von zehn Einpersonenhaushalten lebten 1986 Frauen, 2001 waren es nur mehr 60 und im Vorjahr 55 Prozent.

Für das Schrumpfen der Geschlechterkluft vor allem bis zum Jahr 2000 war tatsächlich die ältere Generation ausschlaggebend: Zwar sind Seniorinnen wegen der längeren weiblichen Lebenserwartung auch seither noch überrepräsentiert, davor war die Disproportion wegen der Kriegsverluste in der gleichaltrigen männlichen Population aber noch deutlich größer.

Der Trend zu den Einpersonenhaushalten führte schließlich dazu, dass die Durchschnittsgröße eines Haushalts in Österreich im Vorjahr einen neuen Tiefststand von 2,22 Mitgliedern erreicht hat. 1986 lebten im Mittel noch 2,66 Personen in einem Haushalt.

Aktuell liegt der Wert von 2,22 knapp unter dem europäischen Mittel von 2,3 Personen je Haushalt. Die höchsten Werte erreichen Balkan- und osteuropäische Staaten mit bis zu drei Haushaltsangehörigen, die an Bewohnern gemessen kleinsten Haushalte finden sich in den nordeuropäischen Staaten und Deutschland.

Insgesamt bilden trotz der steigenden Zahl an Einpersonenhaushalten Lebensgemeinschaften mit dem Partner oder der Partnerin noch immer die größte Gruppe aller Haushaltsformen: 4.223.000 Personen oder 49 Prozent der Bewohner lebten 2016 in verheirateter oder unverheirateter Beziehung zusammen. Wiederum jeweils die Hälfte davon wohnten mit (2.036.000 Personen oder 24 Prozent) oder ohne Kinder (2.187.000 Personen oder 25 Prozent) im Familienverband. (Gerald Gartner, Michael Matzenberger, 23.3.2017)