Wien – Die Hoffnung der Zentrale wird sich wohl nicht ganz erfüllen. Einen Aufstand gegen Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl könne er nicht erkennen, sagte deren stellvertretender Generalsekretär Herwig Höllinger am Mittwoch. Zuvor war ein Brief publik geworden, in dem die Landeskammerpräsidenten aus Wien, Niederösterreich, Salzburg und dem Burgenland ihren Unmut über die Reformpläne Leitls kundtaten.

Eine der Unterzeichnerinnen, die Niederösterreicherin Sonja Zwazl, deponierte am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD, sie sei alles andere als erfreut, dass das Schreiben veröffentlicht wurde. Es gehe nur darum, offene "Detailfragen" intern zu diskutieren. "Mehr steckt da nicht dahinter", versuchte sie zu kalmieren.

Wirtschaftskammerpräsident möchte, dass die Kammer in Zukunft mit etwas weniger Geld auskommt.
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"Respektlos"

Unter Zusage der Vertraulichkeit erzählen hochrangige Kammervertreter aber eine ganz andere Geschichte. Der Reformprozess – Leitl hatte eine Senkung der Kammerbeiträge ab 2019 um 100 Millionen Euro und Einsparungen von weiteren 34 Millionen Euro angekündigt – sei "dilettantisch" abgewickelt, und die Landeskammern seien "respektlos" behandelt worden, lautet der zentrale Vorwurf.

Was gemeint ist: Eine interne Arbeitsgruppe sei bereits im Mai 2016 eingesetzt worden, bis zuletzt habe es aber wenige bis gar keine Informationen über die Vorhaben gegeben. Das Fass zum Überlaufen gebracht habe schließlich, dass Leitl trotz mehrmaliger Warnungen bei der Präsentation vor zwei Wochen ganz konkrete Zahlen (eben in Summe 134 Millionen an Einsparungen) vorgelegt habe, obwohl rund 60 Millionen davon komplett unklar seien (vor allem jene 34 Millionen, die in neue Serviceleistungen fließen sollen). "Das Ganze ist auf Sand gebaut", wird bemängelt.

Was die Kritiker stört, ist aber weniger das Ausmaß der Sparvorgaben an sich, sondern die Tatsache, dass noch überhaupt nicht besprochen wurde, wie die Aufgabenverteilung zwischen Bundes- und Landeskammern sowie den regionalen Stellen aussehen soll.

Angst vor Auflösung von Landeskammern

Die Landeskammern im Burgenland und Kärnten könnten beispielsweise – sollten die Einsparungen tatsächlich durchgezogen werden – ihre gesetzlich übertragenen Aufgaben nicht mehr erfüllen, wird moniert. Mit anderen Worten: Ihr Bestand wäre nicht mehr garantiert. Die Auflösung von Landeskammern sei aber nie beschlossen worden. Ein weiterer Punkt, den die Leitl-Gegner geklärt wissen wollen: Sollte sich die Bundeswirtschaftskammer nicht aus einigen Bereichen zurückziehen, in denen sie Mitgliedern am Markt Konkurrenz macht? Als Beispiele werden IT-Leistungen oder Ausbildungsmaßnahmen genannt.

Eine erste Aussprache der Landespräsidenten fand am Donnerstagabend bereits mit Leitl statt, weitere Runden mit den Finanzexperten sollen folgen.

Alibipapier

Am liebsten würden mehrere Länder den für den 6. April im Wirtschaftsparlament geplanten Beschluss des Leitl-Konzeptes verschieben. Da das aber für den Präsidenten wohl eine zu große Schmach wäre, sei es wohl realistischer, dass man "irgendein Alibipapier" beschließt, welches dann erst in der Folge konkretisiert wird.

Für den Hotelier und Neos-Politiker Sepp Schellhorn sind die Leitl'schen Pläne ohnehin nur "ein Märchen einer Kammerreform". Er fragt im Rahmen von parlamentarischen Anfragen regelmäßig ab, wie viel Geld die WKO nimmt. Die neuesten Zahlen: 2015 zahlten die Betriebe 688 Millionen Euro für die Grundumlage, die Kammerumlagen sowie Serviceleistungen an die Bundes- und die Landeskammern, wie diese Grafik zeigt.

Rund 200 Millionen, die die Fachorganisationen zusätzlich noch einheben, sind darin noch gar nicht enthalten (hier fehlen noch die 2015er-Daten).

Auf die einzelnen Organisationen, also die Bundes-WKO und die Landeskammern verteilen sich die Mittel folgendermaßen:

Im langjährigen Schnitt steigen die Einnahmen um rund drei Prozent jährlich. Mit anderen Worten: Wenn die Beiträge 2019 um 100 Millionen Euro gesenkt werden, liegen die Einnahmen in etwa wieder auf dem Stand des Jahres 2013. (Günther Oswald, 23.3.2017)