Wieso konnte Europa zu keinem Zeitpunkt die Entwicklungen im Irak und in Syrien in irgendeiner Weise beeinflussen? Und wieso konnte Russland das ganz entscheidend tun? Weil es Europa beziehungsweise der Europäischen Union bis heute nicht gelungen ist, sich auf eine von all ihren Mitgliedern gemeinsam getragene Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu einigen. Und es gibt keine Sicherheits- und Verteidigungspolitik ohne die Instrumente, die eine solche Politik braucht, um Gewicht zu haben – eine gemeinsame Armee mit einem gemeinsamen Kommando und eine Führungsstruktur, die in der Lage ist, dieses Potenzial auch einzusetzen." Dieses Statement kommt, ein wenig überraschend, nicht aus dem Munde eines EU-skeptischen Politikers, sondern von einem der renommiertesten Journalisten des Landes, von Hugo Portisch.

Wie verhält sich das Gefüge zwischen den USA und Russland? Was passiert nun in den Krisen- und Kriegsregionen der Welt? Wie reagiert Europa auf Trumps Politik? Und was bedeutet das für jeden Einzelnen von uns? Hugo Portisch erklärt in seinem neuesten Buch Leben mit Trump die prekäre weltpolitische Lage und macht sich Gedanken über die drohende neue Welt(un)ordnung.

"Groß ist die Kraft der Erinnerung", konstatierte Cicero. Anstoß zur Erinnerung gab zeit seines Lebens Hugo Portisch. Mit den Dokumentationen Österreich I und Österreich II prägte er das Geschichtsbewusstsein einer ganzen Nation. Als Chefredakteur des Kurier, vor allem aber als Chefkommentator des ORF erklärte der leidenschaftliche Europäer wort- und ebenso gestenreich die Welt.

In seiner anlässlich seines 90. Geburtstags aktualisierten Autobiografie Aufregend war es immer verknüpft Portisch Zeitgeschichte mit dem eigenen Leben. Er entführt zu den politischen Schauplätzen des 20. Jahrhunderts, von Prag, Vietnam, Peking, Afrika über die USA und Kuba bis Sibirien oder Brasilien.

In den Memoiren begegnet man heimischen und internationalen Granden. Zudem beschreibt er persönliche Erlebnisse im Vatikan mit Kardinal König und den Weg Englands zum Brexit. Portischs Conclusio bezüglich der aktuellen geopolitischen Situation lautet: "Die Antwort auf Donald Trumps »America first« kann und darf daher nur sein, dass die Europäer aus ihren nationalistischen Albträumen erwachen und endlich zu der Solidarität finden, die sie als Einheit handlungsfähig macht. Trumps Wahl ist ein Weckruf für Europa. Man kann nur hoffen, dass es ihn auch hört und aufwacht." (Gregor Auenhammer, 23.3.2017)