Andrea Reven-Holzmann, Geschäftsführerin der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte, wohnt im siebten Bezirk in Wien. Hier erinnern Textilien und Masken aus Afrika an ihren einst nomadischen Lebensstil.

"Das Beste an dieser Wohnung ist der Ausblick. Auf der Wohnzimmer-Terrasse mache ich fast jeden Morgen ein Foto vom Sonnenaufgang. Das ist eine Art Ritual geworden. Für die meisten würden die Fotos wahrscheinlich alle gleich ausschauen. Aber ich kenne die Nuancen und Differenzen genau. Das Fotografieren ist Teil davon, dass ich in dieser Wohnung bewusst wohne, dass ich die Räume zu schätzen weiß und dass ich wahnsinnig froh darüber bin, dass mich diese Wohnung gefunden hat.

"Kurz vor Einzug gab es einen Wasserschaden. Die Wohnung hat ausgesehen wie ein Komapatient." Andrea Reven-Holzmann in ihrem Wohnzimmer.
Foto: Florian Albert

Wie so oft im Leben war auch das Zufall. In diesem Haus hat früher schon einmal eine Freundin und Arbeitskollegin von mir gewohnt, und als sie erfahren hat, dass das Dachgeschoß ausgebaut wird, hat sich mich gleich darüber informiert. Früher habe ich in einer kleineren Wohnung im 18. Bezirk gewohnt. Die war auch sehr schön. Aber erstens ist es wichtig, sich selbst und seinem Leben ab und zu einen Tapetenwechsel zu verpassen, und zweitens ist die Lage mitten im siebten Bezirk einfach ein Traum. Man lebt hier wie in einem kleinen Dorf, vor allem im Sommer ist das ganze Grätzel hier wie ein Wohnzimmer ohne Plafond. Die Lebensqualität ist toll. Und ins Büro ist es von hier auch nicht allzu weit.

Das Haus ist ein klassischer Gründerzeitbau. Im Jahr 2010 wurde das Haus sockelsaniert und im Dachbereich ausgebaut. Eingezogen bin ich allerdings erst 2011, weil es kurz vor meinem Einzug einen enormen Wasserschaden gab und der gesamte Boden und Innenausbau noch einmal rausgerissen werden mussten. Wochenlang standen hier Trockengeräte herum, die Wohnung hat ausgesehen wie ein Komapatient. Die Wohnung hat so an die 100 Quadratmeter. Ich wohne hier gemeinsam mit meinem Mann.

Das Wohnen mit Schrägen ist lustig, aber echt gewöhnungsbedürftig. Am Anfang haut man sich die ganze Zeit den Kopf an. Mit der Zeit geht das dann. Ein enormer Nachteil an Dachgeschoßwohnungen ist, dass es sehr wenig Stauraum gibt. Andererseits habe ich – für eine durchschnittliche Bewohnerin – eh verhältnismäßig wenig Zeug. Ich habe in Wien schon in 20 Wohnungen in 13 Bezirken gewohnt. Da lernt man, sich einen nomadischen Lebensstil mit wenigen Möbelstücken und wenigen Sachen anzueignen. Doch das, was man hat, begleitet einen fast ein Leben lang – so wie mein Jugendstilschrank, den ich nie wieder hergeben werde.

Ich kann mich erinnern: In manchen Wohnungen, in denen ich war, habe ich nicht einmal die Kartons ausgepackt, weil ich wusste, dass es bald weitergehen wird. Erst in Colchester in der Nähe von London, wo ich ein paar Jahre lang gelebt habe, habe ich gelernt, bewusst und genussvoll zu wohnen. Aus dieser Zeit stammt auch meine Vorliebe für Stoffe, Webtextilien und Masken aus Afrika, vor allem aus Senegal, Togo und Benin. Mit einem der Stoffe habe ich mein Lieblingssofa beziehen lassen, das mich schon seit meinen Studententagen begleitet.

Wohnen ist etwas sehr Schönes. Umso mehr tut es mir leid, wie explosionsartig die Miet- und Eigentumskosten in den Wiener Innenbezirken in den letzten Jahren gestiegen sind. Irgendwas ist schiefgelaufen, dass wir heute mit der Situation konfrontiert sind, dass sich manche Berufstätige Wohnen im freifinanzierten Bereich kaum noch leisten können. Ich finde das Zurückhalten der Grundstücke und das Verspekulieren von innerstädtischem Bauland sehr bedenklich. Daher liegt es auch an uns gemeinnützigen Bauträgern, auch dort attraktive Grundstücke zu sichern und mit Förderung einem breiten Publikum zur Verfügung zu stellen. Das ist nicht immer leicht. Aber das ist meine Vision. Was meine eigenen Visionen betrifft, so kann ich nur sagen, dass ich mir bereits die meisten Wünsche habe erfüllen können." (27.3.2017)