Wien – Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) spricht sich für eine Koexistenz von Sonderschulen und Inklusion aus. Wird der Weg der Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf stärker verfolgt, brauche es die entsprechende – finanzielle – Unterstützung, erklärte die Ministerin nach einem Besuch und Austausch in Madrid.

Karmasin war zu Gesprächen mit Politikern und Unternehmern in Spanien. Unter anderem stand das Thema Sonderschulen und Inklusion auf dem Programm, wobei es dabei um "maximale Inklusion, aber keine Gleichmacherei, kein Drüberstülpen eines Konzepts über alle Kinder" geht. Nicht jedes Kind sei für Inklusion geeignet, sprach sie sich für individuelle Entscheidungen aus. "Diese Perspektive konnten wir teilen", erklärte die Ministerin im Gespräch mit der APA.

Kombinationsmodell

Die Zahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf steige stetig. Hier müsse man hinterfragen, ob es sich dabei nicht um Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache handle und diese im Regelschulbereich einfach zu wenig Unterstützung erfahren haben. Karmasin sprach sich für den Erhalt von sonderpädagogischen Einrichtungen sowie maximale Inklusion aus. In Spanien gebe es außerdem ein Kombinationsmodell, bei dem es auch in Regelschulen eigene Sonderschulklassen für einzelne Fächer oder Tagesabschnitte sowie gemeinsame Einheiten gebe.

Unterstützung aus Tirol

Klar sei, dass es hierfür mehr Pädagogen und Unterstützungspersonal brauche, nur dann könne Inklusion funktionieren. Auch für die Infrastruktur brauche es "erhebliche Investitionen", verwies Karmasin auf Umbaukosten und die Barrierefreiheit.

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat sich am Samstag gegen ein totales Aus für Sonderschulen ausgesprochen. Er unterstütze die Position Karmasins, teilte der Landeshauptmann in einer Aussendung mit.

"Nicht zuletzt die von mir unterstützte Gemeinsame Schule steht für ein maximales Maß von Inklusion. Dennoch muss man die Sonderschule erhalten, denn die Inklusion stößt in der Praxis an Grenzen", betonte Platter, der als Vertreter der Länder die Bildungsreform mitverhandelt hatte. Seine Forderung zum Erhalt der Sonderschulen habe er daher auch gegenüber Bildungsministerin Sonja Hammerschid (SPÖ) bei den Verhandlungen vertreten.

Platter sprach sich zudem dagegen aus, Sonderschulen in der öffentlichen Debatte als "Einrichtungen zweiter Klasse abzuwerten". Dies hätten sich die dort tätigen Pädagogen nicht verdient. Die Wahlfreiheit für die individuellen Entscheidungen betroffener Familien müsse erhalten bleiben, forderte der Landeshauptmann.

Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) hat sich zuletzt für eine weitgehende Abschaffung der Sonderschulen bis 2020 ausgesprochen. (APA, 25.3.2017)