Stefan Kraft hat sich zu einem überragenden Skispringer gemausert.

Foto: APA/EXPA/JFK

Und holt sich seine Kugeln ab.

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Planica – Die Superlativen für Stefan Kraft sind im am Sonntag abgelaufenen WM-Winter beinahe ausgegangen: Der 23-jährige Salzburger sprang sich in der Saison 2016/17 nicht nur endgültig in die Herzen der Skisprung- und Sportfans, er ist auch in die Riege der rot-weiß-roten Sportgrößen aufgestiegen. Im Kampf um den "Sportler des Jahres 2017" ist es für Marcel Hirscher keine klare Sache mehr.

Denn Kraft hat es dem nunmehr sechsfachen Alpin-Weltcupgesamtsieger nachgemacht: Zunächst schaffte der Pongauer in Lahti Doppel-WM-Gold und als erster Österreicher überhaupt Einzel-Gold von beiden Schanzen, dann segelte er in Vikersund zur neuen Weltrekord-Marke von 253,5 m. Nun krönte er seine sensationelle Saison, die er in Planica mit seinem achten Tagessieg in nur einem Durchgang auch würdig abschloss.

Der zweite Durchgang wurde wegen zu starken Windes abgebrochen und somit wurde der letzte Bewerb mit nur einem Flug entschieden. Kraft gewann 8,1 Zähler vor dem Deutschen Andreas Wellinger. Dritter wurde der Japaner Noriaki Kasai. Österreich hat damit zum insgesamt zwölften Mal den Gesamt-Weltcup im Skispringen gewonnen.

FIS Ski Jumping

Aus dem Schatten

Als erster Österreicher seit Gregor Schlierenzauer (2012/13) bzw. insgesamt siebenter schaffte Kraft dieses Kunststück. Schon vor Saisonbeginn hatte er sich gewünscht, im Weltcup die gesamte Saison ganz vorne mitmischen zu können. Nun hat Kraft sogar die große und die kleine Kristallkugel gewonnen, denn auch im Skiflug-Weltcup triumphierte der am 13. Mai 1993 in Schwarzach im Pongau geborene Athlet.

Mit seiner fröhlichen Art stand Kraft schon vor seinen ganz großen Erfolgen in dieser Saison in der Publikumsgunst weit oben. Erstmals aus dem Schatten von Größen wie Thomas Morgenstern und Co. war Kraft mit dem Sieg bei der Vierschanzen-Tournee 2014/15 getreten. In der abgelaufenen Saison lief es Kraft bei der Tournee wegen eines Virus nicht nach Wunsch, dafür sicherte er sich im Finish einer besonders kräfteraubenden Saison auch noch die neue "Raw-Air"-Serie und zusätzliche 60.000 Euro Preisgeld. So ganz nebenbei flog er in Vikersund noch in die Geschichtsbücher und überbot auch am Abschluss-Wochenende in Planica noch mehrmals die 250-m-Marke.

Am Boden

So sehr der Pongauer auf den Schanzen dieser Welt auch abhebt, so sehr am Boden ist er auch nach all den Erfolgen geblieben. Kraft hat eine natürliche Art, macht keine großen Sprüche und lässt sich auch durch Rückschläge die gute Laune selten nehmen. Als Wettkampftyp vermag er sich zudem genau dann zu steigern, wenn es darauf ankommt.

Während der WM in Lahti sah sich Kraft Vergleichen mit Marcel Hirscher gegenüber, der wie er aus Salzburg stammt. Mit 1,73 m ist Hirscher drei Zentimeter größer, und doch hat es Kraft in dieser Saison sportlich immer wieder auf Augenhöhe mit dem Alpin-Superstar geschafft. Beide haben Doppel-WM-Gold, beide haben nun den Gesamt-Weltcup gewonnen. "Zum Marcel habe ich immer gesagt, er ist ein Roboter, jetzt bin ich vielleicht selber schon einer", sagte Kraft jüngst in Lahti im APA-Gespräch schmunzelnd.

Nach der Saison wird Kraft mit seiner Freundin Marisa Probst, mit der er seit drei Jahren liiert ist, eine Eigentumswohnung in Oberalm beziehen. Die Finanzierung wird kein Problem für den Bayern-München-Fan sein: An offiziellen WM-Prämien, Weltcup-Preisgeldern und "Raw-Air"-Geld hat Kraft brutto rund 290.000 Euro verdient, dazu kommen noch ÖSV-interne sowie Sponsorengelder.

Emotionen

Kraft wurde zum Abschluss seiner eindrucksvollen Saison auch sehr emotional. "Es war noch einmal genial heute. Es war doch bis zum Schluss spannend, ich habe mir gedacht, dass es bis zum Schluss ein Fight wird. Dass ich heute dreimal ganz oben stehe, dreimal die Hymne hören darf, das ist schon unter die Haut gegangen", gestand der Salzburger.

Kaum ein Österreicher hat in der abgelaufenen Wintersaison so oft die für ihn gespielte österreichische Bundeshymne gehört. Am Sonntag eben für Krafts Tagessieg sowie den Gewinn der kleinen und großen Kristallkugel. Und er ließ da die Saison Revue passieren. "Ich bin noch nie so emotional gewesen wie heute: Ich habe noch nie geweint wegen so was, normal nur, wenn mir etwas richtig wehtut, und das ist ganz selten. Heute hat es mir echt die Tränen rausgedrückt und ich habe fünf Minuten gebraucht, wie ich in die ganzen Gesichter geschaut habe."

"Große Ehre

Natürlich hätte Kraft gerne noch mit einem zweiten Flug am Sonntag die Saison beendet. "Aber als ich den Wind gesehen habe..., beim Skifliegen muss man echt aufpassen, das kann gefährlich werden." Auf die beiden Weltcup-Kugeln werde er gut aufpassen, scherzte er. "Denen wird es gut gehen bei mir. Es war eine Wahnsinns-Saison heuer und das jetzt so abschließen, ist eine große Ehre. Es hat alles gepasst, die Teamleistung war grandios, auch wenn es einmal nicht geklappt hat", bedankte sich Kraft auch in Richtung Kollegen.

Nun möchte Kraft viel Zeit mit Familie und Freunden verbringen, die Empfänge und Ehrungen genießen und zuvor noch "g'scheit feiern". Und Mitte April steht dann ein wohlverdienter Urlaub auf dem Programm. "Da haue ich mit meiner Freundin in Richtung Malediven ab", freut sich Kraft. (APA, 26.3.2017)

Ergebnis des Weltcup-Skispringens am Sonntag (nur ein Durchgang) in Planica:

1. Stefan Kraft (AUT) 244,3 Punkte (250,0 m)
2. Andreas Wellinger (GER) 236,2 (238,5)
3. Noriaki Kasai (JPN) 223,9 (239,0)
4. Markus Eisenbichler (GER) 223,2 (243,0)
5. Kamil Stoch (POL) 216,8 (222,5)
6. Peter Prevc (SLO) 211,9 (229,0)
7. Robert Johansson (NOR) 211,8 (232,0)
8. Jurij Tepes (SLO) 209,9 (231,5)
9. Johann Andre Forfang (NOR) 209,6 (225,0)
10. Anders Fannemel (NOR) 207,9 (224,0)

Weiter:

12. Michael Hayböck (AUT) 204,0 (225,5)
18. Manuel Fettner (AUT) 191,9 (218,5)

Einzelwertung nach 26 Bewerben:

1. Stefan Kraft (AUT) 1665
2. Kamil Stoch (POL) 1524
3. Daniel-Andre Tande (NOR) 1201
4. Andreas Wellinger (GER) 1161
5. Maciej Kot (POL) 985
6. Domen Prevc (SLO) 963
7. Michael Hayböck (AUT) 814
8. Markus Eisenbichler (GER) 807
9. Peter Prevc (SLO) 716
10. Manuel Fettner (AUT) 703
11. Piotr Zyla (POL) 634
12. Andreas Stjernen (NOR) 591
13. Richard Freitag (GER) 507
14. Robert Johansson (NOR) 424
15. Noriaki Kasai (JPN) 401

Weiter:

23. Andreas Kofler (AUT) 307
34. Gregor Schlierenzauer (AUT) 94
37. Markus Schiffner (AUT) 81
42. Clemens Aigner (AUT) 50
58. Stefan Huber (AUT) 15
65. Florian Altenburger (AUT) 4
69. Elias Tollinger (AUT) 2
71. Daniel Huber (AUT) 1

Nationencup nach 32 Bewerben:

1. Polen 5833
2. Österreich 5586
3. Deutschland 5513
4. Norwegen 4415
5. Slowenien 3713
6. Japan 1555
7. Tschechien 1029
8. Russland 741
9. Frankreich 386
10. Schweiz 306